papyrus 7 unter die Lupe genommen

Pünktlich zur Atari-Messe am 3. und 4. Oktober in der Stadthalle Neuss war sie fertig, die neue Version 7 der Dokumentenverarbeitung papyrus.

Schon im voraus wurden viele Neuerungen angekündigt, die den größten Teil der Messebesucher aus Neugierde zu dem Stand der Berliner „Software-Schmiede“ R.O.M.-logicware trieben. Dort konnte nicht nur die Version 7, sondern auch das voraussichtlich im Dezember dieses Jahres erscheinende Datenbank-Modul pa-pyrus-BASE erworben werden. Dieser Artikel soll eine Übersicht über die neuen Funktionen von papyrus 7 bieten. Über papyrus-BASE berichte ich, sobald das Programm erhältlich ist.

Dokumentenhistory und Liste offener Dokumente

Auf den Wunsch von Kunden erhielt papyrus mehrere neue Funktionen, zwei davon sollen den Umgang mit offenen und zuletzt geöffneten Dokumenten erleichtern. Zum einen ist da die Dokumentenhistory, die aus einem Eintrag im Menü „Datei“ und einem über diesen Eintrag aufrufbaren Popup-Menü (Abb.1) besteht. In dem Popup-Menü werden die Dateinamen inklusive Pfaden von bis zu 25 Dokumenten aufgelistet und können durch Anwahl direkt geöffnet werden. Über den neuen Einstellungsdialog „Menu“ (Abb.2) kann die Anzahl der aufgelisteten Einträge eingestellt und aktuelle Einträge können gelöscht werden. Desweiteren kann man hier die History-Funktion aus- und einschalten sowie zwischen der Darstellung der Einträge mit komplettem Pfad oder nur des Dateinamens wählen. Zum anderen befindet sich unter dem Menütitel „Dokument“ nun eine Liste aller offenen Dokumentenfenster (Abb.3), mit der man zu dem gewünschten Dokumentenfenster wechseln kann. Somit gibt es nun eine Alternative zu der „Fenster wechseln“-Funktion über CON-TROL+W.

Hilfsfarben

Zur besseren Differenzierung von papyrus-Sonderzeichen und -Rändern können diese jetzt im Dialog „Hilfsfarben“ (Abb.4) eingestellt werden. Zu den Farben für Bild-, Textobjekt- und Tabellenfeld-Umrahmungen, Textsymbolen, Tabs, Leerzeichen, Returns, Basislinien der Zeilen, magnetischen Hilfslinien und Druckerrändem wird in Kürze auch noch eine Einstellmöglichkeit für die Markierungsfarbe der Rechtschreibprüfung für falsch geschriebene bzw. unbekannte Wörter hinzukommen. Sollte man aus irgendeinem Grund irgendwelche Farben verstellt haben und möchte die papyrus-Standard-Farben wieder einstellen, so gibt es hierfür auch einen Button „Standardfarben setzen“. Neben der Farbwahl kann die Darstellung dieser Sonderzeichen und Rahmen in dem Dialog separat abgeschaltet werden.

Für diejenigen, die gerne mit eingeschalteten Sonderzeichen und Rahmen arbeiten, wurde ein WYSIWYG(What You See Is What You Get - Was Du siehst, ist das, was Du bekommst)-Schalter „Anzeige wie Ausdruck“ im Menüpunkt „Dokument“ hinzugefügt. Über diesen Schalter kann man alle papyrus-internen Sonderzeichen und Rahmen gemeinsam aus- und einblenden.

Rechtschreibprüfung

Neben einer Geschwindigkeitsoptimierung (ca. 8fache Nachschlagegeschwin-digkeit im Wörterbuch) der Wintertree-Rechtschreibkorrektur wurden neben einem neuen Stamm Wörterbuch je ein Wörterbuch mit den Wörtern nach den neuen und alten Rechtschreibregeln mitgeliefert. Neu ist auch ein frei editierbares Ausnahmewörterbuch für Silbentrennung. Dieses besteht aus der Datei „TRENNUNG. LST“, die im papyrus-Hauptverzeichnis zu finden ist. Wörter, die von papyrus nicht richtig getrennt werden, können nach dem manuellen Trennen über CONTROL-)--, bei eingeschalteter Rechtschreibprüfung über das Kontextmenü (Abb.5) in das Ausnahme Wörterbuch aufgenommen werden. Da es sich bei den Ausnahmewörterbuch um eine reine ASCII-Datei handelt, können aufzunehmende Wörter auch mit papyrus oder jedem beliebigen Texteditor eingefügt werden. Hierzu schreibt man jedes Wort in eine Zeile und trennt die einzelnen Silben mit Bindestrichen (z.B. hilfreich).

Abb.7: Einstellmöglichkeiten für Zahlenformate

papyrus-Objekte

In der neuen Version lassen sich die papyrus-Objekte (Textobjekte, Rechteck- und Kreisrasterflächen und Linien) nun über das Kontextmenü gegen alle Veränderungsmöglichkeiten (Verschieben, Kopieren, Füllmuster, Farbe, ...) sperren. Die Position von im Text verankerten Objekten wird allerdings angepaßt. Zur Unterscheidung von den nicht gesperrten Objekten werden die Objektgriffe hohl dargestellt (Abb.6).

Um das Positionieren und Setzen von Attributen zu vereinfachen, lassen sich jetzt in papyrus 7 Objektgruppen bilden.

Beim Verschieben und Kopieren weisen verschiedene Mauszeiger auf die jeweilige Aktion hin. So wird beim Kopieren der von Windows bekannte Mauszeiger mit einem kleinen angehängten „+“ in einem Kästchen, beim Verschieben hingegen nur der Mauspfeil dargestellt.

Neu ist auch, daß sich sämtliche Grafikobjekte in freien Textobjekten verankern und bei Drehung des Textobjektes mitdrehen lassen.

Tabellen

Die meisten Neuerungen kamen den Tabellenfunktionen zugute. Konnten in papyrus 6 Tabellen nur im Haupttext verwendet werden, so lassen sie sich jetzt ebenfalls in den freien Textobjekten anle-gen. Somit können Tabellen endlich frei verschoben und auch nebeneinander angeordnet werden. Einzige Ausnahme bei der Verwendung von Tabellen in Textobjekten ist, daß die Darstellung in gedrehten Textobjekten nicht unterstützt wird.

Abb.8: Vorangestellte Zeichen bei Zahlen

Erweitert wurden ebenfalls die Funktionen der Tabellenkalkulation. Konnte man bisher für die Berechnungen nur auf Werte aus der aktuellen Tabelle zugreifen, so ist es nun möglich, Werte aus beliebigen Tabellenfeldern zu entnehmen. Einzigartig ist hierbei, daß sich das Feld, aus dem der Wert entnommen wird, nicht einmal in dem aktuellen Dokument befinden muß. Diese Feldreferenzen funktionieren über Label (Namen), die man den einzelnen Tabellenfeldern geben kann. Zum Zugreifen gibt man im Rechenfelddialog für dokumenten-interne Tabellenfelder einfach das Label des Feldes in eckigen Klammem ein: [Testlabel]. Die Aktualisierung funktioniert genauso wie bei normalen Feldreferenzen. Zum Zugriff auf externe Tabellenfeldinhalte wird einfach der Pfad mit angehängtem Doppelkreuz dem Label vorangestellt:

	[F :\papyrus7\papyrus7.pap#Testlabel].

Hierbei kann der Pfad relativ oder absolut zum aktuellen Dokument sein. Der Zugriff auf die externen Label funktioniert recht schnell, da die Werte im Dokumentenheader gespeichert werden und somit nicht erst das ganze Dokument eingelesen werden muß. Der Nachteil, der dadurch entsteht, mit dem man aber durchaus arbeiten kann, ist der, daß das Dokument erst gespeichert werden muß, bevor man auf die externen Label zugreifen kann. Dokumente mit externen Referenzen werden sofort automatisch aktualisiert, sobald sie geladen werden. Auch der Dialog für das Zahlenformat wurde erweitert. So kann man nun Zahlen durch Voranstellen von Leerzeichen, Nullen oder Sternchen optional auf bis zu 99 Zeichen verlängern (Abb.7, 8).

Eine weitere Neuheit bei den Rechenfunktionen ist die „IF-THEN-ELSE“-Berechnung. Mit ihr kann man über den Syntax „TF <Ausdruck> THEN «Ergebnis^ ELSE <Ergebnis2>“, wobei der ELSE-Teil weggelassen werden kann, einem Feld bedingt einen Wert zuweisen. Hierzu entscheidet papyrus danach, ob der < Ausdruck > wahr oder falsch ist. Zur Berechnung werden hier die Vergleichsoperatoren =, !=, <, <=, >, >= und die Bool’schen Operatoren AND, OR, XOR und NOT, sowie WAHR und FALSCH unterstützt. Sollen Felder auf Ungültigkeit abgefragt werden, so ist auch dieses und noch mehr möglich.

Abb.9: Das neue Kontextmenü für Tabellen

Die Kontextmenüs wurden komplett überarbeitet, wodurch sich jetzt neben den Objektattributen auch die Tabellenattribute in Untereinträgen (Abb.9) befinden. Meiner Meinung nach ist das Kontextmenü durch die vielen, zu träge aufklappenden Untereinträge zu unhandlich geworden, auch wenn dadurch viele nützliche Funktionen, wie z.B. Markierungs- und Einfügefunktionen, hinzugekommen sind. Angezeigt werden nun auch die Koordinaten des jeweiligen Tabellenfeldes, durch deren Anwahl man direkt zum Rechenfeld-Dialog gelangt und nicht erst lange raten muß, welche Koordinaten ein Feld hat.

Obwohl laut Vorankündigung nicht versprochen, wurden auch die Redrawrouti-nen der Tabellen überarbeitet, wodurch die Tabellen deutlich schneller aktualisiert werden. Dieses kann bei großen Tabellen sehr „wertvoll“ sein.

Abb.10: Das Kontextmenü für Hypertext-Links

HTML

Einige Arbeit wurde auch wieder in den HTML-Bereich gesteckt, so kann man papyrus nun so konfigurieren, daß man einfach per Einzel- oder Doppelklick auf einen Link durch das Dokument oder zu anderen Dokumenten browsen kann. Der Griff ins Kontextmenü kann somit entfallen. Sollte ein Link auf eine andere Datei verweisen, so stellt papyrus dieses standardmäßig in dem aktuellen Fenster dar. Möchte man dazu allerdings ein neues Fenster öffnen, so kann man über den Kontextmenüeintrag „Link in neuem Fenster öffnen“ zu dem anderen Dokument wechseln (Abb.10). Nach dem man einen Link angewählt hat, ermöglicht die neue Link-History über den Kontextmenüeintrag „Zurück“ das Springen zum vorherigen Link. Nach dem Zurückspringen ist auch das Vorwärtsspringen über „Vor“, ebenfalls im Kontextmenü, möglich. Im Zuge der Erweiterung der Hypertext-Funktionen wurde auch die Dokumentenstatistik erweitert. Hier gibt es nun eine Hypertext-Link- (Abb.11) und eine Hypertext-Label-Statistik (Abb.12). In der Hypertext-Link-Statistik besteht die Möglichkeit, die eingetragenen Links auf ihre Funktion zu überprüfen (Abb.13). Nach dem Prüfen werden alle Links und Fehler in einem Überprüfungsprotokoll aufgelistet, in dem man die Links auch direkt an-springen kann (Abb.14).

Druckfunktionen

Auch die Druckfunktionen von papyrus wurden in der neuen Version erweitert. So lassen sich nun im Dialog „Dokument drucken“ die „speziellen Druckoptionen“ ein- bzw. ausschalten. Dadurch hat man den Vorteil, daß die dortigen speziellen Einstellungen, z.B. für mehrseitigen Druck, beim Drucken benutzt bzw. ignoriert werden, ohne daß man seine persönlichen, Speziellen-Druckoptionen ändern muß.

Abb.11: Hypertext-Link-Statistik

Als weiteres wurde ein Posterdruck hinzugefügt, der den Ausdruck übergroßer Papierformate ermöglicht. Hierbei werden die einzelnen Teil-Ausdrucke (Kacheln) mit Schnittmarken und -kanten und Kleberändern versehen, so daß man genau weiß, welches Teil wo abgeschnitten, bzw. aufgeklebt werden muß. Die Kachelgröße bestimmt papyrus durch das eingestellte Papierformat des Druckertreibers oder durch eine beliebige, voreinstellbare Größe. In der Atari-Version muß man allerdings ein wenig rumprobieren, wenn man die Kacheln exakt auf das Druckerpapierformat bringen möchte. Hierzu wurde eine weitere Offset-Einstellung, mit der man den Papieranfang ein wenig nach unten und/oder nach rechts positionieren kann, hinzugefügt.

Sonstiges

Neben den schon genannten Neuheiten hat papyrus 7 viele weitere Änderungen und Neuheiten erfahren. So lassen sich nun optional mehrstufige Backups (*.PB1, *.PB2, ..., *.PB9) in einem frei wählbaren Ordner speichern. Die Platzhalterfunktionen wurden um den lange ersehnten Platzhalter für die Gesamtseitenzahl erweitert. Dieser Platzhalter benutzt die Nummer der letzten Dokumentenseite, wodurch ein etwaiger Seiten-Offset berücksichtigt wird. Die Einstelldialoge wurden teilweise überarbeitet. So ist z.B. der Dialog „Dokument-Darstellung“ vom Menüpunkt „Dokument“ in den Menüpunkt „Einstellungen“ gewandert und wird dort durch die Einträge „Darstellung“ und „Hilfsfarben“ ersetzt. Der „Pixelmüll“ in IMG-Grafiken, die z.B. von FormulaPRO übergeben wurden, ist jetzt nicht mehr vorhanden.

Für den RTF-Import ist die Zeichenbelegung neben der automatischen Erkennung nun frei einstellbar. Hierdurch können nun auch falsche Belegungsangaben im Dateiheader anderer Programme umgangen werden. Definierbar ist jetzt auch ein Bereich, der es den Markierfunktionen von papyrus nur noch erlaubt, auf den markierten Bereich anstelle des gesamten Dokuments zuzugreifen. Wendet man in papyrus 7 eine Farbe auf ein Füllmuster an, so wird die Füllart jetzt automatisch auf voll gesetzt, wenn sie vorher leer gewesen ist.

Abb.12: Hypertext-Label-Statistik

Fazit

R.O.M.-logicware hat aus papyrus ein sehr wertvolles Programm für den Atari-Markt gemacht. Der Funktionsumfang ist außerordentlich vielseitig und umfangreich. papyrus ist in der aktuellen Version 7.03A ein stabiles Programm, mit dem das Arbeiten einfach ist und auch Spaß machen kann. Nicht nur aufgrund der Weiterentwicklungsgarantie, sondern auch wegen der vielen Neuerungen lohnen sich die Anschaffung und das Update.

papyrus kostet DM 198,-, und das Upgrade ist ab DM 69,- erhältlich.

Studenten- und Schülerversionen sowie Crossupgrades sind ebenfalls zu günstigen Preisen erhältlich.

Bezugsquelle:

R.O.M. logicware Raschdorffstr. 99 13409 Berlin


Torsten Runge
Aus: ST-Computer 12 / 1998, Seite 58

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