Diamond Edge 2.52

Datensicherung ist immer ein heißen Thema - auch auf dem Atari. Disk-ManagementSysteme gibt es mittlerweile eine Menge, aber nur eine Lösung scheint aktuell weiterentwickelt zu werden: Diamond Edge.

FESTPLATTEN-MANAGEMENT

In deutschen Landen ist das Festplatten-Tool Diamond Edge relativ unbekannt. Werfen wir einen Blick über den großen Teich, dann sehen wir, dass das Programm unter amerikanischen Anwendern recht bekannt und auch beliebt ist. Neu ist es daher auch nicht: Entwickelt wurde Diamond Edge von Oregon Research, bevor es vor einigen Monaten von dem kanadischen Unternehmen Anodyne Software übernommen wurde. Roger Burrows und sein Team entwickeln das Programm seitdem weiter.

Übernommen wurde Diamond Edge in der Version 2.04, in der Zwischenzeit sind allerdings einige Aktualisierungen ins Land gegangen, sodass derzeit die Version 2.52 verkauft wird. In erster Linie wurden von Anodyne bisher ein Haufen Fehlerbereinigungen vorgenommen. Aber auch einige Verbesserungen sind hinzugekommen, die anzeigen, dass die Kanadier recht engagiert an dem Projekt arbeiten: So werden CD-Laufwerke nun erkannt, damit sie nicht mehr in der Liste der Laufwerke für eine Optimierung auftauchen. Außerdem werden nun auch andere als die Standard-Bussysteme ACSI, SCSI und IDE originaler Atari-Hardware unterstützt, sodass Diamond Edge also zum Beispiel auch Hades- und Milan-Besitzern zu Diensten sein kann. Genutzt wird dabei das SCSIDRV-Interface.

Fernziel der Entwicklung ist die Version 3.0, die als modernste und leistungsfähigste Festplatten-Applikation glänzen möchte.

Einsatz

Diamond Edge ist ein Komplettpaket zum Management, zur Optimierung, zur Diagnose, zur Reparatur und zum Wiederherstellen von Datenträgern, die mit dem Atari verbunden sind. In der Regel werden dies Festplatten sein, Diamond Edge arbeitet jedoch natürlich auch mit Wechselplatten und Disketten. Unterstützt werden dabei die Dateisysteme FAT12 (Disketten) und FAT16 (Festplatten). Und hier offenbart sich auch gleich das größte Problem des Programms: VFAT sucht der moderne Atari-Anwender in der Liste der Dateisysteme vergeblich, weshalb Diamond Edge praktisch unbrauchbar auf Systemen ist, die zum Beispiel unter MagiC VFAT-Partitionen angelegt haben. Doch dazu später mehr ...

Lieferumfang

Diamond Edge wird auf einer DD-Diskette ausgeliefert und arbeitet entsprechend speicherschonend. Eventuell sollten schon "kleine" 520er genutzt werden können, jeder Atari ab 1 MByte RAM ist aber auf jeden Fall im Rennen. Wie schon bei der CD Writer Suite 2 [11 aus demselben Hause fällt das äußerst ausführliche Handbuch sehr positiv auf, das umfassend ins Programm einführt und auch eine Fülle von Hintergrundinformationen bereit hält. Allerdings ist es komplett in englischer Sprache gehalten.

Alles in allem überzeugt Anodyne Software einmal mehr mit einer im AtariMarkt schon lange nicht mehr alltäglichen Präsentation seiner Programme.

Benutzung

Wer nach diesem positiven ersten Eindruck eine top moderne Oberfläche erwartet, wird zunächst einmal enttäuscht werden: Diamond Edge kann nicht verheimlichen, dass es ursprünglich Mitte der 90er Jahre entwickelt wurde. Zwar ist das Programm Multitaskingfreundlich voll in die GEM-Oberfläche des Atari eingebunden, trotzdem wirkt die Benutzeroberfläche in der Gestaltung recht altbacken. Die verwendeten Piktogramme sind einfach nicht mehr aktuell, zusätzliche Funktionen öffnen ihre Einstellungen direkt im Arbeitsfenster und nutzen somit keine eigenen GEM-Fenster. Was Benutzer von "Ur-STs" mit kleinem Bildschirm nicht weiter stören wird, ist im Zeitalter großer Bildschirme mit hohen Auflösungen auch auf dem Atari mit Grafikkarte einfach Fehl am Platz.

Ganz so schlimm ist das Äußere natürlich auch nicht: Alle Elemente unterstützen Farbauflösungen und die 3D-Optik des GEM.

Diamond Edge bietet außerdem ein englischsprachiges Online-Hilfesystem, das allerdings unelegant ebenfalls im Hauptfenster eingeblendet wird. Die Nutzung von HTML-Dateien oder dem ST-Guide darf für die Version 3 anempfohlen werden.

Das Arbeitsfenster von Diamond unterteilt sich zumeist in zwei Bereiche: Aus einer Piktogrammleiste werden die wichtigsten Funktionen aufgerufen, ein Anzeigebereich stellt Informationen zu den Laufwerken oder zur Arbeit mit den Laufwerken dar.

Fragmentierung

Weil Festplattenplatz nur in Einheiten zu jeweils einem Sektor oder ganzzahligen Vielfachen davon zur Verfügung steht, verwalten praktisch alle Dateisysteme Platz in diesen Einheiten. Dabei geht Platz verloren: Eine Datei, die nur ein einzelnes Byte umfasst, belegt trotzdem die Mindestgröße von einem Plattensektor und verschwendet damit wertvollen Speicherplatz. Fasst man mehrere physikalische Plattensektoren zu logischen Blöcken zusammen, steigt der Platzverlust durch ungenutzte Endblöcke stark an. Für eine zügige Übertragung von Daten ist es von Vorteil, wenn die Daten einer Datei auf der Platte zusammenhängend abgelegt sind. Wenn Dateien jedoch nahtlos hintereinander angeordnet werden, ist es sehr wahrscheinlich, dass eine Datei nicht mehr in einem zusammenhängenden Stück auf der Platte abgelegt werden kann, wenn sie wächst. Auch durch das Löschen und Neuanlegen von größeren Dateien wird es mit der Zeit zur Fragmentierung von Dateien kommen.

Zur Optimierung vorhandenen Materials mit dem Zweck des schnelleren Zugriffs bietet Diamond Edge verschiedene Diagnose- und Optimierungsfunktionen an. Der Zustand einer Partition wird dabei über eine grafische Anzeige dargestellt, die fragmentierte und benutzte Teile zeigt. je unzusammenhängender die angezeigten Elemente sind, umso mehr ist eine Optimierung anzuempfehlen, um Schreib- und Lesezugriffe wieder schneller zu machen.

Optimierung

Diamond Edge bietet zwei Methoden zur Optimierung von Partitionen an. "Full Optimization" optimiert komplett das ausgewählte Laufwerk. Zuerst werden dabei alle Sektoren der gefundenen Verzeichnisse zusammengefasst, dann wird jede Datei der jeweiligen Ordner defragmentiert, bevor alle Dateien nacheinander auf der Platte platziert werden. Das Ergebnis ist ein vollkommen defragmentiertes Laufwerk.

"Compress Free Space" verschiebt hingegen freie Flächen, die zwischen benutzten Blöcken eingeschlossen sind, an den Anfang oder das Ende eines Laufwerks. Verzeichnisse und Dateien werden dabei nicht defragmentiert. Das Ergebnis dieser Methode ist also, dass ein Laufwerk in zwei Teile nach freiem und benutztem Platz aufgeteilt wird. Der Vorteil ist, dass diese Operation weitaus schneller durchgeführt werden kann, weshalb sie besonders nach einer einmaligen vollständigen Optimierung regelmäßig genutzt werden sollte.

Der Anwender kann außerdem auswählen, ob präferiert der Schreib- oder der Lesezugriff optimiert werden soll.

Der gute Doc

Eine weitere wichtige Funktion von Diamond Edge ist das Erkennen und Reparieren von defekten Blöcken auf Datenträgern. Dabei wird eine Vielzahl von Werkzeugen angeboten, die zusammen bei regelmäßiger Anwendung einen größtmöglichen Schutz der eigenen Daten bieten sollen.

Das wichtigste Werkzeug ist dabei "Disk Medic", das einen selbständigen Test des ausgewählten Laufwerkes durchführt. Ähnlich wie bei der Defragmentierung wird dem Anwender auch hier eine aufschlussreiche grafische Unterstützung geboten. Defekte Sektoren werden ausmaskiert, damit das System in diese keine Daten mehr schreibt. Diamond Edge bietet hier destruktive und non-destruktive Methoden an.

Und da ist es Wieder, unser Problem: Diamond Edge unterstützt kein VFAT und sollte auf keinen Fall (!) auf entsprechend vorbereitete Partitionen angewendet werden. Tun Sie dies doch, macht das Programm - salopp ausgedrückt - eine Menge Mist mit Ihren Daten: Groß- und Kleinschreibungen werden ignoriert und komplett in Großbuchstaben verwandelt, Datei- und Verzeichnisnamen mit mehr als 8+3 Zeichen werden rigoros zurechtgestutzt. Die Folge könnte sein, dass Konfigurations-Dateien usw. von ihren Programmen nicht mehr gefunden werden. Mit anderen Worten: MagiC- und MiNT-Anwender sollten die Finger von dieser Funktion lassen!

Disk-Partitionierung

Wenn das Treibersystem SCSIDRV auf Ihrem Atari installiert ist, offeriert Diamond Edge ein komplettes Werkzeug zur Partitionierung der Festplatte. Unterstützt werden alle Atari-Standards, hinzu kommen Varianten anderer Hersteller wie Supra, BMS und ICD. Geboten werden die Standard-Funktionen, sodass eine Anschaffung des Programms zum alleinigen Zweck der Partitionierung nicht anempfohlen werden kann. Festplattentreiber wie HDDriver liefern ebenso gelungene Umsetzungen bereits mit.

Wiederherstellung

Nicht jede Datei, die zum Beispiel in den Papierkorb des Atari geworfen wird, ist gleichzeitig auch für immer verschwunden. Vielmehr wird dem System lediglich mitgeteilt, dass der entsprechende Platz auf dem Laufwerk wieder beschrieben werden darf. Bevor dies nicht erfolgt ist, sind die Daten theoretisch wiederherzustellen.

Diamond Edge bietet verschiedene Möglichkeiten der Wiederherstellung von gelöschten Daten. Der Anwender arbeitet dabei mit einer Übersicht, die an die Standard-Dateiauswahl des GEM erinnert. Werden gelöschte Dateien aufgespürt, zeigt ein zusätzlicher Eintrag an, ob sie gerettet werden können. Dies hängt davon ab, ob alle zur Datei gehörenden Teile (Clusters) verfügbar sind. Ist dies der Fall, wird eine Funktion zum Wiederherstellen angeboten, die in der Regel erfolgreich arbeiten sollte.

Als ebenso wichtig könnte sich die Funktion zur Wiederherstellung kritischer Laufwerks-Informationen erweisen. Wird zum Beispiel eine Partition oder gar ein gesamtes Laufwerk nicht mehr erkannt, kann mit Diamond Edge versucht werden, die notwendigen Informationen wiederherzustellen, damit der Anwender wieder Zugriff auf seine Daten hat.

Und sonst?

Der Funktionsumfang von Diamond Edge wird durch zahlreiche weitere Features abgerundet: Partitionen können komplett kopiert oder auf die Schnelle gelöscht, Medienwechsel forciert, zusätzliche Statistiken grafisch dargestellt und auch ausgedruckt werden.

Fazit

Diamond Edge könnte ein Standard-Tool für das Disk-Management auf dem Atari werden, ähnlich wie die "Norton Utilities" auf PC und Macintosh. Der Funktionsumfang und der Wert der einzelnen Teile ist unermesslich - aber leider bisher fast nur für reine TOS-Anwender sinnvoll einsetzbar. Anwender moderner Systeme wie MagiC oder MINT werden über die mangelnde VFAT-Unterstützung stolpern, die ihr System nachhaltig durcheinander wirbeln kann.

Die Version 3 sollte diese auf jeden Fall bieten, das Programm optisch runderneuern und bestehende Standards wie den ST-Guide und BubbleGEM unterstützen.

MagiC-Anwender sollten bis dahin zu DISKUS 3.9 [21 von Dr. Uwe Seimet greifen, das zwar nicht den vollen Funktionsumfang von Diamond Edge bietet, VFAT aber unterstützt. tr

www.anodynesoftware.com/edge/main.htm

[1] st-computer 03-2003, Seite 36
[2] www.seimet.de/diskus-german.html


Thomas Raukamp
Aus: ST-Computer 09 / 2003, Seite 6

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