Malprogramm K-Rikki: Der Bildschirmschieber

Der Bildschirmschieber: K-Rikki, ein »bewegendes« Malprogramm aus England

Pixelkünstler unter den ST-Malern können bekanntermaßen aus dem vollen schöpfen, wenn sie auf der Suche nach einem passenden Malwerkzeug sind. In den Software-Regalen der Computer-Shops, eingeschweißt in pixeldichte Plastikhaut, warten Legionen von farbigen und schwarzweißen Pixelspritzern geduldig auf die mehr oder weniger geniale Hand eines computernden Neo-Leonardo.

Trotz des Überangebotes an guten oder sehr guten Malprogrammen gibt es Softwareproduzenten, die die Computerkünstler immer wieder aufs Neue mit den kunstfertigen Erzeugnissen ihrer Programmierer zu beglücken versuchen. In diesem Sinne wollte wohl auch die renommierte britische Softwareschmiede Kuma Computers nicht mehr länger abseits stehen und präsentiert nunmehr mit »K-Rikki« das erste »Kunstprodukt« ihrer »K«-Programmreihe.

In einem 38seitigen Handbuch werden alle Funktionen des Programmes knapp aber ausreichend erläutert. Hier wird man sofort darüber aufgeklärt, daß das Programm auf der einseitig formatierten Diskette mit dem hübschen blaßblauen Kuma-Label in typisch britischen »Understatement« auf die Zusammenarbeit mit Accessories genausowenig Wert legt wie auf den grellbunten 16-Farbmodus der niedrigen Bildschirmauflösung. K-Rikki bemüht sich aber nach Kräften, das Beste aus 640 x 200 Pixeln in vier Farben oder aus dem aristokratischen Monochrom der hohen Bildschirmauflösung herauszuholen.

Bei genauer Betrachtung kann man sich allerdings des Eindrucks nicht erwehren, daß die Zeichenwerkzeuge und Zeichenfunktionen von K-Rikki wohl nur Puristen unter den Computerzeichnern vollends zufrieden stellen können. Sämtliche Grundfunktionen wie das Zeichnen von geometrischen Figuren aller Art (Kreise, Rechtecke, Rauten und Polygone) sowie Sprüh-, Lupen- und Spiegelfunktionen sind zwar vorhanden, einige zum Standard eines guten Malprogrammes gehörenden Operationen wie das Biegen oder Verzerren von Bildausschnitten sucht man jedoch vergeblich.

Geradezu opulent dagegen die Darstellung von Text! Es stehen insgesamt 33 Zeichensätze zur Verfügung, die in unterschiedlichen Größen und mit verschiedenen Attributen verwendet werden können. Die Texteinstellungen lassen sich über Pull-Down-Menüs und Funktionstasten verändern.

Aufbau und Handhabung der GEM-Benutzeroberfläche sind durchaus gewöhnungsbedürftig. So haben sich die Programmierer bei der Entwicklung ihrer Zoom-Funktion ein bisher einzigartiges Verfahren einfallen lassen. Nach Aktivieren der Zoom-Funktion ist zunächst keine Veränderung der Bildschirmdarstellung zu beobachten. Lediglich im linken Viertel des Menübalkens scheint der Bitbeißer zugeschlagen zu haben. Dort, wo bei den anderen Operationen ein Schriftzug die aktive Programmfunktion anzeigt, huschen bei jeder Mausbewegung variierende Muster durch den Balken. Ein ungläubiges Nachschlagen im Handbuch bringt die überraschende Erklärung: Der winzige Bildschirmausschnitt im Menübalken stellt das Zoomfenster zur pixelgenauen Bearbeitung des Bildes dar! Bei allem Purismus der Ausstattung von K-Rikki war doch noch Platz für den allseits bekannten schwarzen englischen Humor!

Muß man also K-Rikki als ein Werkzeug in Public Domain-Qualität für Anhänger der »Minimal-Art« abqualifizieren? Weit gefehlt, denn der Einfallsreichtum der Programmierer von der Insel hat unserem Testkandidaten eine Funktionengruppe mit auf den Lebensweg gegeben, die ihn aus der Schar seiner Mitbewerber heraushebt. Die wahre Stärke von K-Rikki liegt nämlich in der Welt der bewegten Bilder. Mehrere Pixelbilder, ob mit K-Rikki selbst entworfen oder als Degas-Bilder aller Auflösungsstufen, können in Bildpuffer eingelesen, zu einem Film zusammengesetzt und auf mannigfache Art und Weise manipuliert werden. K-Rikki versetzt den Anwender in die Lage, die Darstellungsdauer eines Bildes auf dem Bildschirm von einer hundertstel Sekunde bis hin zu neun Sekunden einzustellen, und dies wahlweise für alle Bildpuffer gleichmäßig oder jeweils verschieden. Zusätzlich können die einzelnen Bilder der Reihe nach vertikal durch den Bildschirm scrollen. Hierbei ist die Geschwindigkeit allerdings nicht zu beeinflussen.

Als Zusatz-Bonbon bietet K-Rikki Befehle zur Programmierung einer Animationssequenz an. Diese Befehle dienen zum Laden von Bildern oder Bildausschnitten, zur Plazierung dieser Bildausschnitte auf dem Bildschirm sowie zur Einstellung verschiedener Parameter bei der Animation von Bildsequenzen. Der Entwurf eines solchen Programmes erfordert einen herkömmlichen Texteditor. Den Vorteil der Programmierbarkeit von Animationen erfährt man spätestens dann, wenn man eine programmierte Sequenz erneut anschauen möchte. Das lästige Laden und Positionieren der einzelnen Bilder läuft vollautomatisch ab. Mit einem kreativen Sinn für gestalterische Experimente bringt man neuen Glanz in seine alte Bildersammlung.

K-Rikki stellt ein einfaches Malprogramm dar, das abgesehen von seiner recht skurrilen Zoomfunktion alle wesentlichen Grundoperationen dieser Programmsparte ohne Rekordambitionen hinsichtlich der Arbeitsgeschwindigkeit solide beherrscht. Seine umfangreichen Animationsfunktionen in Zusammenhang mit der Programmierung von Bildsequenzen machen es zu einem interessanten Werkzeug für alle Freunde bewegter Bilder. Wünschenswert wäre allerdings, wenn die Firma Kuma ihrem Programm noch einige zusätzliche Funktionen und etwas mehr Komfort angedeihen lassen würde, da es in seiner jetzigen Form nicht gegen die vielen Konkurrenzprodukte bestehen kann. Der Animationsteil allein wiegt die Schwachpunkte, zum Beispiel die völlig unzureichende Lupenfunktion, keinesfalls auf.

(Andreas Käufer/ Wolfgang Fastenrath/ Horst Brandl)

Steckbrief

Programmname: K-Rikki
Hersteller: Kuma Computers Ltd, Unit 12, Horseshoe Park, Horseshoe Road, Berkshire, RG8 7JW
Preis: 98 Mark

Stärken:
viele Fonts ■ umfangreiche Animation ■ Programmierbarkeit der Animation

Schwächen: Accessories nicht benutzbar ■ umständliche Bedienung ■ unbrauchbare Zoomfunktion ■ zu wenig Befehle ■ zu geringe Arbeitsgeschwindigkeit



Aus: ST-Magazin 04 / 1988, Seite 48

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