Die Grafik überzeugt durch viele liebevoll gestaltete Details und macht »Populous« zu einem wahren Vergnügen
Es ist die Stunde des jüngsten Gerichts. Ritter brandschatzen das Land der Andersgläubigen, Heere des Fußvolks vollenden ihr Werk mit einer schwarzen Spur des Todes. Denn diese Welt ist zu klein für zwei Götter. Wer überlebt, entscheidet über weltliche Gewalt. Doch beide himmlischen Mächte tragen ihren Anteil am irdischen Treiben. Sie erschaffen das Land, auf dem ihr Volk lebt. Sie herrschen über Naturgewalten, lassen die Erde beben und entfesseln Springfluten, auf daß es das andere Volk in die Verderbnis stürze. Frieden zieht erst ein, wenn es keinen Gegner mehr gibt. Im Namen des Herren.
Wer Populous spielt, braucht kein Gottvertrauen, denn die Rolle eines Gottes übernehmen Sie selbst. Die Idee, in die Rolle des Schöpfers zu schlüpfen und durch göttliches Handeln auf .den Gang der Welt Einfluß zu üben, stammt von einer Gruppe englischer Programmierer, die sich unter dem Namen »Bullfrog« zusammenfanden. Das amerikanische Softwarehaus »Electronic Arts« veröffentlichte nun das Ergebnis ihrer Bemühungen, den Himmel in Computerchips zu bringen: ein Strategiespiel, das von der staubbela-denen Langeweile vieler seiner Verwandten befreit ist. »Bullfrog« gelang dieses Kabinettstück mit einfachen Mitteln: ein neues, einfaches Spielprinzip mit ansprechender optischer Umsetzung und kurzweiligem, aber nicht minder komplexem Spielgeschehen.
Als göttliche Instanz hängt ihre Macht von der Anzahl Ihrer Jünger ab. Je größer Ihr Volk, desto massiver nehmen Sie auf das irdische Geschehen Einfluß. Angesichts der Aufgabe nimmt sich das himmlische Steuerpult bescheiden aus: Das »Buch der Welten« vermittelt einen Blick auf die gesamte, von Wasser dominierte und mit Inseln durchsetzte Welt. Mit ihm bestimmen Sie den Ausschnitt, der auf der detaillierten Karte in perspektivischer Grafik das momentane Geschehen wiedergibt. Göttliche Fingerzeige üben Sie ausschließlich mit der Maus aus. 16 Spiel-Icons und 9 Icons zum Scrollen des Karten-Ausschnittes sind dafür vorgesehen.
Götter erschaffen Land und herrschen über die Naturgewalten. So auch in Populous. Eines der Icons dient zum Verändern der Landschaft. Neue Siedlungen erfordern flaches Land. Je mehr Siedlungen in dieser wilden Welt existieren, desto stärker wächst Ihre Bevölkerung. Siedlungen reichen von einfachen Hütten bis zu mächtigen Schlössern. Letztere benötigen eine größere Ebene, dafür nimmt ihre Bevölkerung aber auch schneller zu. Ein großes Volk verschafft Ihnen viel spirituelle Kraft. Mit diesem »Manna« lösen Sie Erdbeben aus, legen Sümpfe an, lassen Vulkane ausbrechen oder überfluten Landstriche. Während des Spiels üben Sie, gleich einem Regisseur, nur indirekt Einfluß auf die Handlung aus. Einzelne Kämpfer entziehen sich Ihrer Kontrolle. Dennoch lassen sich vom Häuserbau über den Zweikampf bis zur Naturkatastrophe alle Ereignisse auf dem Karten-Ausschnitt genau verfolgen.
An unterschiedlichen Welten hat Populous keinen Mangel. Für Anfänger gibt es einen Lern-Modus mit eigener Welt, wer ernsthafte Kreuzzüge unternimmt, den erwartet der »Conquest«-Modus mit über 500 Welten, die sich klimatisch und geologisch stark unterscheiden. Wem auch das noch nicht reicht, darf im »Custom«-Modus über 60 Spielparameter ändern und seine eigenen individuellen Welten inszenieren. Dies macht Populous für Strategen und Tüftler noch interessanter.
Bei »Populous« dürfen Sie auch Ihre eigenen individuellen Welten basteln
Der Computer ist in den unteren Stufen ein fairer, später ein harter Gegner. Am meisten Spaß macht Populous aber mit zwei Spielern. Vorgesehen ist die Verbindung von zwei STs über ein Datenkabel oder telefonisch per Modem.
Die gesamte Sorgfalt der Programmierer ging offenbar in das Spiel ein, denn das Handbuch und die Titelmusik lassen stark zu wünschen übrig. Obwohl professionell im Erscheinungsbild, strotzt die Anleitung vor Stilblüten, verkorkstem Deutsch, ständigen Querverweisen, wirft mit englischen Fachwörtern um sich und redet den Leser wechselnd in der Du/Sie-Form an. Eine Hintergrund-Story für Populous hätte der Anleitung sicher auch nicht geschadet. Die Titelmusik ist, obwohl von Musik-Guru Rob Hubbard komponiert, melodisch mißlungen (diskutabel) und gräßlich digitalisiert (nicht diskutabel).
Es ließe sich noch viel über einen potentiellen Klassiker wie Populous sagen, doch genug der Worte, denn die Lage ist günstig: Ich glaube, ich werde jetzt eine Springflut entfesseln. (tb)
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