Sony SMO-D501: erstmals eine magnetooptische Platte am ST

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Die ProOpt 650: im wahrsten Sinne des Wortes ein Massen-Speicher

Würden 1000 flinke Maschinenschreiber 35 Stunden lang mit 300 Anschlägen pro Minute maschineschreiben, produzierten sie gut 385000 Blätter beschriebenes Papier, Papier der Qualitätsstufe »80 Gramm holzfrei blütenweiß«, je 65 Zeichen in 25 Zeilen schwarz auf DIN A4. Die Schnellrechner unter Ihnen haben diese Werte sicherlich bereits in Datenmengen umgesetzt. Richtig gerechnet, der gewaltige Papierberg faßt mehr als 600 MByte Daten.

Dieselbe Datenmenge findet mit Hilfe Ihres STs auch auf einer einzigen runden Scheibe Platz, die lediglich 130 Millimeter im Durchmesser mißt. Ein Wunder der modernen Massenspeicher-Technologie in Gestalt der wiederbeschreibbaren optischen Platte! Das Speichermedium dieser »magnetooptischen Platten« (MO-Platten) besteht aus einer dünnen metallischen Schicht, einer Legierung aus »Seltenen Erdmetallen« und »Übergangsmetallen«. Zum optischen Lesen und magnetooptischen Schreiben verwenden die MO-Laufwerke einen Laserstrahl. Die ausführliche Beschreibung der MO-Speichertechnik finden Sie an anderer Stelle in dieser Ausgabe.

Inzwischen hat die magnetooptische Datenspeicherung den Schritt aus den Entwicklungslabors in die rauhe Welt der schnellen Datenströme gewagt. Seit Mitte 1989 sind die ersten Serienlaufwerke der neuen Massenspeicher Generation auf dem Markt. Wir haben geprüft, wie der Atari ST und sein Betriebssystem mit der neuen Technik fertig werden.

Es kostete einige Telefonate quer durch ganz Deutschland, bis unser Testkandidat endlich auf dem Redaktions Schreibtisch stand. Bei der in der Apple Macintosh Welt wohlbekannten Firma Brosius-Köhler aus Wuppertal waren wir schließlich an der richtigen Adresse. Im Brosius-Köhler-Katalog fanden wir unter der Bezeichnung »ProOpt 650« eine für den Mac konfektionierte MO-Plattenstation mit integriertem Netzteil und SCSI-Anschluß. Die Hardware im Inneren des schmucken, dezent grauen Metallgehäuses stammt von Sony und besteht aus dem Laufwerk SMO-D501 mit ESDI-Schnittstelle sowie dem SCSI-Controller SMO-C501. Das Laufwerk entspricht in seinen Abmessungen einem 5 1/4-ZollFestplatten-Laufwerk mit voller Bauhöhe. Als SCSI-Anschluß befinden sich an der Rückseite des Gehäuses zwei 50polige Centronics-Buchsen. Daher läßt sich die ProOpt 650 problemlos in eine SCSI-Kette einfügen.

Genauso wie andere MO-Laufwerke ist die ProOpt eine Wechselplattenstation. Eine beidseitig beschreibbare MOPlattenkassette kostet derzeit ungefähr 800 Mark. Bei ca. 300 MByte Speicherkapazität auf jeder Plattenseite ergibt das einen Speichermedienpreis von lediglich 1,33 Mark pro MByte. Ohne Berücksichtigung der Kosten für das Laufwerk fallen die reinen Medienkosten der MO-Platte schon jetzt geringer aus als bei Disketten. Experten erwarten für die nahe Zukunft einen drastischen Preisrückgang auf dem MO-Platten-Markt. Format und Sektorierung der MOPlatten sind standardisiert. Sonys Laufwerk erhebt den Anspruch, die ISO/ ANSI Norm für MO-Medien vollständig zu erfüllen. Und in der Tat: Eine von BASF in Ludwigshafen bereitgestellte Prototyp-Platte ließ sich ohne Schwierigkeiten im Sony-Laufwerk betreiben.

Als Mac-Peripheriegerät ist die ProOpt mit einem entsprechenden Anschlußkabel sowie der notwendigen Treibersoftware nebst Handbuch ausgerüstet. Die letztgenannten Beigaben konnte unser ST nicht verwerten. Mit Hilfe des ST Magazin-SCSI-Hostadapters sollte sich die ProOpt jedoch problemlos zum Leben erwecken lassen. Rasch war das MO-Laufwerk in unsere ständige Festplatten-Baustelle integriert, aber nichts rührte sich. Sämtliche uns zugänglichen Formatier-, Treiber- und Testprogramme taten so, als wäre die ProOpt nicht vorhanden. Der SCSI-Bus läßt sich nämlich mit oder ohne Parity-Überprüfung des Datenverkehrs betreiben. Hostadapter und Treibersoftware am ST arbeiten nur ohne Parity, die ProOpt war Mac-gemäß auf Parity-Betrieb eingestellt.

Sobald dieses Problem mittels einiger weiterer Telefonate von Tisch »gejumpert« war, zeigte sich die ProOpt endlich ST-willig und arbeitete wie jede andere SCSI-Festplatte. Allerdings mit zwei Einschränkungen. Erstere betrifft die Formatierung mit dem Atari-Programm »HDX 3.0«, das bislang als einzige ST Formatierungssoftware das Anlegen von großen Partitionen bis hin zu 256 MByte erlaubt. Da MO-Platten hardwaremäßig in Sektoren eingeteilt sind, erübrigt sich die Formatierung. Das Sony-Laufwerk weist den SCSI-Format-Befehl zurück, was HDX als Fehler interpretiert und deshalb die Formatierung abbricht. HDX schreibt auch keinen Root-Sektor, der zur Partitionierung der Platte unbedingt vorliegen muß. Dieses Problem beseitigt unser Patch-Programm für HDX, das wir im Artikel »SCSI selbstgemacht« auf Seite 58 ff. veröffentlichen.

Die zweite Einschränkung betrifft die Festplattentreiber sowie alle dazu kompatiblen Fremdtreiber verlangen eine physikalische Sektorgröße von 512 Byte. Die meisten der heute verfügbaren MOPlatten sind in 1024 Byte große Sektoren eingeteilt, so auch die mit der ProOpt gelieferte Sony-MO-Platte und die BASF-Prototyp-Platte. MO-Platten mit 512 Byte-Sektoren besitzen eine Gesamtkapazität von 594 MByte, während Platten mit 1024 Byte/Sektor 56 MByte mehr speichern können. Ohne eine entsprechende Anpassung des Festplattentreibers läuft am ST leider nichts.

Für den Test der ProOpt gelang es uns, bei der. Firma Protar in Berlin - Protar bringt in Kürze eine direkt an den ST anschließbare MO-Plattenstation auf den Markt - eine der seltenen 512er-Platten aufzutreiben. Von nun an herrschte der ST tatsächlich über 2 x 297 MByte.

MO-Laufwerken geht der Ruf einer langsamen Datenübertragung voraus. Die im Datenblatt und durch die Meßdaten (siehe Tabelle) dokumentierten Werte bestätigen dies. Trotz der hohen mittleren Spurzugriffszeit von 100 ms erreicht die Datenübertragungsrate beim Lesen mit Spurwechsel Werte, die sich hinter denjenigen der vermeintlich wesentlich schnelleren Festplatten-Laufwerke nicht zu verstecken brauchen.

Im täglichen Betrieb war allerdings kein wesentlicher Unterschied zu einer gewöhnlichen Festplattenstation festzustellen. Ohne Zweifel, das Sony-MO-Laufwerk in der ProOpt 650 arbeitet merklich träger als die schnellen SCSI-Laufwerke. Ansonsten legte die ProOpt zumindest aus subjektiver Sicht ein Arbeitstempo an den Tag, das einer Original Atari-Festplattenstation der Megafile-Serie durchaus zur Ehre gereichen würde. (wk)

Brosius-Köhler GmbH, Berliner Str. 23, 5600 Wuppertal 2

Name: ProOpt 650 mit MO Laufwerk Sony SMO D501/SMO-C501
Hersteller: Sony Corporation
Vertrieb: Bosius-Köhler GmbH
Preis: 10000 Mark, Wechselkassette 800 Mark o. MwSt.
Kapazität: 2 x 297 MByte
Köpfe: 1
Zylinder: 18745
Sektoren/Spur: 17
Bytes/Sektor: 512
Datentransfer mit Spurwechsel 3181 KByte
mittlerer Spurzugriff 100 ms
Kommentar: Vielversprechende. Technik für alle, die mit großen Datenbeständen arbeiten. Anwenderkreis wegen des hohen Preises derzeit noch eingeschränkt.


Wolfgang Fastenrath
Aus: ST-Magazin 12 / 1989, Seite 32

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