Treuer Blechkamerad: Lighthouse Octobus

Die Umbausätze von Lighthouse sind preiswert und eignen sich auch für völlig ungeübte Bastler. Jetzt verstärkt die neue Multifunktionskarte »Octobus« das System. Eine sinnvolle Erweiterung?

Manch einem sträuben sich schon allein beim Gedanken an heiße Lötspitzen die Nackenhaare, an scharfe Messer, die Leiterbahnen durchtrennen oder erbarmungslose Zangen, die IC-Beinchen verbiegen. Solchen Hardwarehorror können Sie bei den Umbausätzen von Lighthouse schlicht vergessen: Hier beschränken sich die handwerklichen Anforderungen auf korrektes Anbringen harmloser Klemmen und möglichst sinnvolles Anordnen des unvermeidlichen Kabelverhaus.

Lighthouse-Tower gibt es für 260/520ST, 1040ST(E), Mega ST, Mega STE und TT. Die gestanzten und formgeprägten Blechgehäuse setzen sich aus zwei cremeweiß lackierten äußeren Verkleidungshalbschalen und zwei inneren Montageformen aus weichem 0,5er Blech zusammen. Eine helle Frontblende aus Spritzgußkunststoff und selbstklebende Gummistellfüße ergänzen das äußere Erscheinungbild.

Die Montagebleche besitzen fertig ausgestanzte Ausbrüche für alle Schnittstellen, Lüfter und den Stromanschluß und werden an der Rückseite durch zwei Drehscharniere zusammengehalten. Variable Ausbrüche für größere Hardwarekombinationen (z. B. Octobus oder Steckdosenleiste) sind bereits vorgestanzt, hier müssen nach dem Entfernen der Innenteile lediglich die zurückbleibenden Blechstege mit einer Feile geglättet werden. Bohrungen zur Montage von Platinen finden sich ebenfalls fertig auf den Blechen.

Blechkonstruktion
Design muß sein: Umbau mit eigenen gestalterischen Änderungen
Rückansicht

Der geräumige Tower bietet vier variable Einbauplätze für Floppies und Festplatten für 5,25-Zoll- und 3,5-Zoll-Hardware. Langlöcher verschiedener Abstände erlauben paßgenaues Anbringen aller Formate. Puristen werden bemäkeln, daß die Lager senkrecht eingebauter Festplattenlaufwerke unnötig ungleich belastet werden, was natürlich die Lebensdauer des Mediums verkürzt. Manche Platten müssen für senkrechten Betrieb sogar neu formatiert werden. Senkrechter Einbau ist jedoch auch im PC-Markt durchaus üblich und ein gutes Laufwerk macht das leicht drei bis vier Jahre mit.

Vier Floppies

Zusammen mit dem Octobus ließen sich im Tower theoretisch vier Floppies (!) betreiben, aber abgesehen davon, daß sich die Schreibdichte guter HD-Laufwerke umschalten läßt, würde das Design der Kunststoff-Frontblende den Einbau eines vierten äußeren Laufwerks sowieso nicht zulassen.

Der Umbau erhält einen zentralen Netzschalter am Frontpanel, gleich darunter sitzt der Reset-Taster. Wer sich eine parallelgeschaltete Vierer-Kaltgeräte-Steckdosenleiste mitbestellt, kann mit dem Hauptschalter Tower und Peripherie (Monitor, Drucker etc.) ein- und ausschalten. Die Konstruktion faßt alle Hauptstromadern auf einer Lüsterklemme zusammen, Lötarbeiten sind nirgends erforderlich. Einheitliche Farbcodes (Rot für +5 V und Schwarz für Masse, bzw. die Original-Atari-Farben Schwarzweiß bzw. Blau/Braun) erleichtern den richtigen Anschluß und minimieren die Verwechslungsgefahr. Übrigens: Lassen Sie sich nicht vom Farbengewirr der Kabelbäume auf unseren Fotos täuschen — wir haben teilweise eigene Stränge verlegt, die vom beschriebenen Einbau abweichen. Beispielsweise empfiehlt Lighthouse der Einfachheit halber den parallelen Betrieb von Festplatten- und Hauptnetzteil. Wir haben eines unterschlagen und die Festplatte einfach an der Platinenunterseite des Rechnernetzteils mit verdrahtet. Wer das tut, sollte vorher die Leistungsaufnahme der angeschlossenen Komponenten großzügig überschlagen, damit das Aggregat beim Hochfahren nicht in die Knie geht. Das 5,25-Zoll-Monstrum (s. Abb.) zieht beim Anfahren ordentlich Saft! Ein Käfigblech auf Sechskant-Abstandsbolzen schützt vor Berührung des Kraftwerks. Lighthouse bietet Umbauern übrigens alternativ zum Atari-Netzteil ein eigenes 60-W-Aggregat.

Kabelbäume verlegt. Rechts das Multiboard, hinten das Netzteil

Zentrale Schaltstelle im Tower ist das sog. Multifunktions-Board: Es koordiniert den Versorgungsstrom von Motherboard und Floppies und bietet auf seinem Bus drei Shugart-Steckplätze für Laufwerke. Außerdem sorgt es über ein Drehpoti für Einschaltverzögerung, bis die Festplatte soweit ist. Das Potentiometer auf dem Board sollten Sie übrigens beim Einbau unbedingt im Uhrzeigersinn ganz bis zum Anschlag drehen, auch wenn das Handbuch versichert, das sei bei Auslieferung schon so eingestellt: Nach Murphy ist es eben nicht so und dann tut sich minutenlang nichts, während Ihnen alle Hardwarealpträume der Welt im Kopf herumspuken, nur auf den verflixten Regler kommen Sie nicht.

Das Multiboard mißt über zwei Thermosensoren die Temperatur im Innern des Gehäuses. Der Lüfter (natürlich verwendet man den leiseren Festplatten-Fan und nicht den winzigen Mega-ST-Heuler) arbeitet normalerweise mit minimaler Drehzahl. Erst wenn die Innentemperatur steigt, erhöht er seinen Luftdurchsatz, um dann bei 40 Grad Celsius mit voller Leistung zu röhren. Steigt die Temperatur noch weiter an — was eigentlich nicht Vorkommen sollte — leuchtet eine rote Alarm-LED am Frontpanel auf und ein Piepston. warnt vor Überhitzung. Ein kleines Batteriefach für zwei 1,5-V-Zellen nimmt die Stromversorgung für die Uhr auf.

Aus der Anleitung

Ein Wort zur »lötfreien« Konstruktion: Lighthouse liefert alle Drahtverbindungen zu Schaltern und LEDs fertig gelötet und mit Schrumpfschlauch isoliert. Die Kabel enden entweder in Lüsterklemmen (müssen also abisoliert werden) oder in feinen Greifklemmen (s. Abb.), die an die Beinchen von ICs oder Kondensatoren etc. angebracht werden. Löten ist tatsächlich nirgends unbedingt erforderlich und die liebevoll bebilderte und ausführliche Umbauanleitung dürfte alle Unklarheiten aus dem Weg räumen. Trotzdem bieten solche Greifklemmen nun einmal längst nicht die Sicherheit von Lötverbindungen: Sie können oxidieren oder abrutschen und provozieren Wackelkontakte. Besonders kritisch ist die Geschichte am Floppycontroller WD1772: Hier muß Pin 18 durchtrennt und mit einem Draht zum Octobus verbunden werden. Wer die Möglichkeit hat, sollte solche wichtigen Kontaktstellen unbedingt löten, denn es gibt nichts ärgerlicheres als ein Wackler mitten in einem Schreib-/Lesevorgang...

Innenausbau fertig

Besitzer eines SLM804 bzw. SLM605 Laserdrucker können ihr Laserbrain in den Tower integrieren. Es sitzt mit wenigen Handgriffen und ein paar Schräubchen, alle Schnittstellen liegen außerhalb des Gehäuses. Eine LED an der Frontblende meldet den Arbeitszustand. Weniger gut war allerdings die Idee, Gewinde direkt in das weiche Montageblech zu schneiden: Die Löcher haben nur zwei bis drei Gewindegänge und das Blech ist viel zu weich. Hier sollten aufgelötete oder geklebte Kontermuttern eingesetzt werden!

Der Octobus ist mit wenigen Handgriffen in einen der Ausbrüche montiert und wird inkl. Versorgungsleitungen am Multiboard angeschlossen, funktioniert also auch nur zusammen mit diesem. Octobus (ST/STE-Version, s. Abb.) erlaubt die komplette Bedienung aller Laufwerke (bis zu vier) vom Desktop aus, enthält einen Monitorumschalter Farbe/Monochrom (auch vom Desktop aus zu bedienen), einen VGA-Anschluß und einen zweiten gepufferten Parallelport. Interessant wird die Sache zusammen mit der Software »Octobrain«, übrigens von KAOS-Programmierer Dirk Katzschke geschrieben. Mit auf der Diskette: »xcontrol« mit CPX-Modulen.

Hinten links unter dem Flachbandsalat der Octobus

Octobrain findet ein Plätzchen im Auto-Ordner (läßt sich aber auch nachträglich starten), das Octobus-Accessory steuert die Erweiterungskarte. Hier lassen sich Stepraten für 5,25-Zoll-oder HD-Laufwerke einstellen, Disketten formatieren sowie Monochrom und Farbe wechseln (vorausgesetzt zwei Monitore sind vorhanden). Ein besonderer Gag ist die »Lock-Funktion«: Einmal aktiviert, sperrt sie den Computer durch ein achtstelliges Paßwort für jeden weiteren Zugriff und läßt sich auch durch einen Kaltstart nicht ins Bockshorn jagen. Wer hier wieder reinwill, muß die Harddisk schon mit einem Treiber von Disk hochfahren.

Lötfreies Konzept

Preise

Gehäuse STE/TT, Mega ST/1040 ST 398 Mark
Gehäuse 260/520 ST 498 Mark
Octobus & Octobrain 348 Mark
Festplattenmontagekit f. Megafile 30/60, SH205, Megafile 44 69 Mark
f. SH204, Vortex 39 Mark
Fremdfestplatten (GE-Soft, FSE, Lacom) 29 Mark
AT-Tastatur 1040/520 348 Mark
Tastaturgehäuse 520 98 Mark
Ersatznetzteil 139 Mark
Lüfter 60x60 29 Mark
4er Steckdose 19 Mark
Stecker dazu je 5 Mark
Tastaturkabelverlängerung 29 Mark
Lasersatz 48 Mark
außerdem: 3,5-Zoll und 5,25-Zoll-Floppies, Fest- und Wechselplatten etc.

Octobrain legt übrigens, sofern nicht bereits vorhanden, Systemcookies an (CPU, FPU, VDO, SND, MCH) und nützt deren Möglichkeiten, Unterprogramme anzuspringen, interne Daten abzufragen und Einstellungen vorzunehmen. In der Cookie-Liste findet sich auch der »Octo«-Cookie. Er fragt beim Systemstart ab, ob Octobrain bereits installiert wurde. Wer die Octobrain-Features in eigene Programme einbauen will, kann genauere Informationen über die interne Struktur anfordern.

Das Lighthouse-Tower-Konzept bietet insgesamt eine rundum saubere und sehr empfehlenswerte Lösung, die blutigen Anfängern eine solide Basis bietet und fortgeschrittenen Bastlern eine Plattform für eigene Ideen liefert. Sie finden das Design eher bescheiden? Dann machen Sie was draus! (hu)

WERTUNG

Lighthouse Tower Octobus/Octobrain

Hersteller: Lighthouse
Stärken: alles vorgefertigt, sehr einfacher Umbau, viel Platz, viele Laufwerke, Monitorumschalter, VGA-Anschluß, Klappkonzept, zwei Druckerports, alles vom Desktop bedienbar, Lockfunktion
Schwächen: Klemmtechnik störkritisch, LEDs an Frontpanel schlecht sichtbar, Blechgewinde reißen aus, Kabelgewirr an Hinterseite

Fazit: durchdachtes Komplettkonzept zum Niedrigpreis

Lighthouse A&G Sexton GmbH, Riedstr. 2, 7100 Heilbronn
Octobrain-Infos: eiCo GmbH, Geibelstr. 57, 3000 Hannover 1

Octobrain-Menü
Formatierparameter

Hartmut Ulrich
Aus: ST-Magazin 04 / 1992, Seite 14

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