HBS 210: High Speed für schmale Geldbeutel

Beschleunigerkarten in allen Bauformen und Leistungsdaten reißen keinen Atarianer mehr vom Hocker. Die »HBS210« erreicht jetzt diesen Effekt.

Die Zeiten, in denen Atari ST-Computer zu den schnellsten ihrer Preiskategorie gehörten, sind längst vorbei. Atari entwickelte die TT- und STE Computer, die einen völlig anderen Prozessor (TT) benutzten bzw. die 68000er CPU mit 16 MHz takteten und mit einem schnellen Cache-Speicher (STE) ausgestattet waren. Für die übrigen STs entwickelten verschiedene Firmen unterschiedliche Beschleuniger: Zum einen solche, die einen anderen Prozessortyp verwenden (68020, 68030 und bald auch 68040) und zum anderen die, die auf den 68000-Prozessor setzen, diesen aber höher takten lassen und mit einem Cache ausgestattet sind. Abgesehen von größeren Softwareproblemen, die bei der ersten Klasse eine erhebliche Rolle spielen, ist es der hohe Preis, der eine Vielzahl von Anwendern zur zweiten Klasse der Beschleuniger greifen läßt. Eine solche Beschleunigerkarte ist z.B. auch die neue »HBS 210« von »Heyer & Neumann Hardwareentwicklungen«.

Prinzipiell handelt es sich bei der HBS 210 um eine Weiterentwicklung der »HBS 240«, die, wie Sie bereits in Ausgabe 11/91 lesen konnten, besonders durch ihren günstigen Preis und hohe Leistungsfähigkeit für Aufsehen sorgte. Realisiert wurde der für damalige Verhältnisse bahnbrechende Low-cost-Effekt durch den konsequenten Einsatz von diskreten Bauteilen, was sich aber auf die Größe der Karte auswirkte. Mit der HBS 210 wurde durch konsequenten Einsatz modernster Bauteile und Fertigungsmethoden eine Beschleunigerkarte entwickelt, deren Maße die Original-CPU-Abmessungen kaum übertrifft. Die Platine der HBS 210 besteht aus 4 Lagen (Multilayer) und ist, bis auf die CPU, voll mit SMD-Bauteilen (maschinelle Bestückung) bestückt. Um auch hier Platz zu sparen, fanden die Bauteile nicht nur auf der Oberseite sondern auch unter der CPU und auf der Lötseite der Platine Platz. Zugunsten einer kleineren Platine wurde auf einen Sockel für den Coprozessor, wie bei der HBS 240, verzichtet.

Die technischen Daten der Beschleunigerkarte liegen in einem Bereich, den auch Konkurrenzmodelle anbieten: Der 68000er Prozessor wird mit 16 MHz getaktet, die, anders als bei üblichen Beschleunigerkarten, nicht vom Video-Shifter/MMU per Litze abgegriffen, sondern on Board erzeugt werden. Diese Methode zur Taktzuführung bzw. Takterzeugung erhöht nicht nur die Betriebssicherheit sondern erleichert auch den Einbau. Alle Schnittstellen zum Prozessorbus (Adreß- und Datenbus) sind über Treiberbausteine gepuffert, so daß sich beim Betrieb keine Probleme mit älteren Atari-Typen ergeben. An schnellem Cache-Speicher enthält die HBS 210 16 KByte Speicherplatz, der linear (direct mapped) angelegt ist.

Die HBS 210 ist kaum größer als der Originalprozessor

Über den beiliegenden Schalter können Sie den Cache-Speicher an- bzw. abschalten. Auch eine softwareseitige Lösung des Ca-che-ON/OFF-Betriebs ist dank der beigefügten Software problemlos möglich. Hier erfolgt die Umschaltung mit dem freien Port-Bits des Soundchips.

Deutlich schneller mit der HBS 210

Eine Besonderheit der HBS 210: Die Unterstützung des internen Atari-ROMs in verschiedenen Zugriffsstufen (Wait States). Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, daß die HBS 210 das neue TOS 2.06 als Fast-ROM unterstützt. Zur Aktivierung des schnelleren Zugriffs auf das ROM befinden sich auf der Unterseite der Platine zwei Lötbrücken, die überbrückt bzw. geöffnet werden müssen.

Der Einbau der Karte geschieht gewohnter Reihenfolge: ST vom Netz trennen und das Gehäuse öffnen, die Abschirmbleche entfernen und das Motherboard ausbauen. Jetzt stehen Ihnen, je nach Löterfahrung, zwei Möglichkeiten zur Demontage der alten CPU zur Wahl. Einmal die brachiale Methode, die Ihrer CPU mit Sicherheit das Leben kostet: Sie zwicken ihre Pins direkt am Gehäuse ab und löten diese dann einzeln aus. Zum anderen die akrobatische Methode: Sie besorgen sich am besten Entlötlitze und einen Absauger mit sehr feiner Spitze. Beachten Sie, daß Sie beim Auslöten der CPU die Beinchen immer nur kurzzeitig erhitzen und dann das Lot absaugen. Egal, welcher Methode Sie sich bedienen: Bevor Sie die beiliegenden IC-Streifen zur Aufnahme der HBS 210 einlöten, sollten Sie in jedem Fall die Durchkontaktierungen mit einer Lupe überprüfen bzw. mit einem Durchgangsprüfer den Kontakt von der betreffenden Leiterbahn zum Lötauge testen.

Der Einbau

Haben Sie die beiden IC-Fassungs-Streifen eingelötet und alle Lötpunkte eingehend kontrolliert, müssen Sie entscheiden, wie Sie den Cache-Schalter bedienen wollen. Entweder bringen Sie einen Schalter an der Gehäusewand des ST an und betätigen die Cache-Abschaltung manuell oder Sie wählen die elegante Softwarelösung per Port-Bit-Umschaltung und verbinden die HBS 210 mit dem Soundchip.

Nachdem Sie die HBS 210 in die Fassung und den ST zurück in sein Gehäuse gesteckt haben, schalten Sie den Computer ein. Erscheint sofort der weiße Bootbildschirm und danach das Desktop, bemerken Sie gleich beim ersten Öffnen eines Fensters den deutlichen Geschwindigkeitszuwachs. Funktioniert nichts, kontrollieren Sie alle Lötpunkte auf Kurzschlüsse und sicheren Kontakt, meist liegen hier Fehlerquellen.

Auf der beiliegenden Diskette befinden sich neben einem Accessory für die Steuerung der Karte bzw. des Port-Bits einige Beispielprogramme, wie z.B. eine Fractalberechnung oder Apfelmännchen. Konkreter zeigt jedoch Quickindex die besseren Geschwindigkeitswerte auf.

In der Abbildung von Quickindex können Sie selbst die Leistungssteigerung beurteilen, die der ST-Computer mit HBS im Vergleich zu einem ungetunten ST besitzt.

Die HBS 210 bietet Anwendern, die schon lange nach einer preisgünstigen Beschleunigerkarte suchen, eine wirkliche Alternative. Die Karte ist schnell einzubauen und erzielt trotz des Einsatzes der 68000er CPU einen deutlichen Geschwindigkeitszuwachs. Dank des abschaltbaren Cache lassen sich Programme, die Probleme bereiten, trotzdem in Ihrem ST betreiben, (uw)

WERTUNG

HBS 210

Vertrieb: Heyer & Neumann
Preis: 349 Mark

Stärken: extrem kleine Beschleunigerkarte, einfacher Einbau, deutlicher Geschwindigkeitszuwachs, Fast-ROM-Unterstützung, ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis

Schwächen: kein Coprozessor-Steckplatz

Fazit: Eine echte Alternative für alle, die sich eine Beschleunigerkarte mit einem anderen Prozessortyp nicht leisten können.

Heyer & Neumann Hardwareentwicklungen, Promenadenstr. 50, 5100 Aachen


Hans Hoffmann
Aus: ST-Magazin 11 / 1992, Seite 12

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