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Profit Domain: Der Handel mit PD-Programmen

Public Domain

Schwarze Schafe unter den PD-HĂ€ndlern bringen die ganze Branche in Verruf. »Mit anderer Leute Arbeit machen sie die große Kohle« lautet der Vorwurf. TOS durchleuchtet diesen undurchsichtigen Markt und sagt, was erlaubt ist und was nicht.

Die Public-Domain-Szene ist in's Gerede gekommen. »Ich sehe, daß die HĂ€ndler mit meiner Arbeit ihren persönlichen Reibach machen« sagt z. B. Thomas Tempelmann, Autor des Maschinensprache-Monitors »Templemon«.

So sieht das GeschĂ€ft der PD-HĂ€ndler aus: Sie kaufen leere Disketten zum Preis von etwa 1 Mark pro StĂŒck und bespielen sie mit Programmen, fĂŒr die sie nichts bezahlen mĂŒssen. Dann verkaufen sie diese Disketten fĂŒr durchschnittlich 6 bis 7 Mark, die Versandkosten laufen extra. Ein Aufschlag von 500 bis 600 Prozent fĂŒr's bloße AuswĂ€hlen und Kopieren - es ist verstĂ€ndlich, warum dieser Markt boomt. Vom Bruttogewinn tragen die Versender den Verwaltungs- und Werbeaufwand.

Soweit der Durchschnitt. Nun zur Spitze des Eisbergs: Einer der grĂ¶ĂŸten Versender gönnt sich 10 Mark pro Diskette; ein ComputerhĂ€ndler in Wiesbaden verkauft eine Diskette mit einem einzigen, Programm - fĂŒr 30 Mark. Andere Versender betĂ€tigen sich als Trittbrettfahrer: Sie kopieren PD-Sammlungen, die ein zweiter HĂ€ndler zusammengestellt hat. So ersparen sie sich die Arbeit der Auswahl. WĂ€hrend gegen dieses GeschĂ€ft rechtlich nichts einzuwenden ist, verbreitet sich der Eisberg auch unterhalb der LegalitĂ€t: Ein ComputerhĂ€ndler in Ingolstadt legt jedem verkauften ST ein PD-Programm bei. Dabei löscht er den Copyright-Vermerk des Autors und trĂ€gt sich selbst ein - ein klarer Rechtsbruch, wie die weiteren AusfĂŒhrungen zeigen.

Um zu beurteilen, was rechtlich zulÀssig ist, klÀren wir zwei Begriffe ab: »Public Domain« und »Shareware«. Sie werden oft gleichgesetzt, meinen jedoch verschiedene Konzepte.

Beide stammen aus den USA. Dort fördert der Staat die Softwareforschung unter der Bedingung, daß der Programmierer das Ergebnis seiner Arbeit der Öffentlichkeit umsonst zur VerfĂŒgung stellt: So entstand ursprĂŒnglich PD-Software. Dabei verzichtet der Autor auf seine Verwertungsrechte. Jeder darf PD-Programme umsonst benutzen, verĂ€ndern und kopieren. Der Autor behĂ€lt ausschließlich das Urheberrecht. Niemand darf den Copyrightvermerk aus dem Programm entfernen. Der Autor kann die Freigabe seines Programms begrenzen: Im Vorspann legt er fest, ob sein Werk kommerziell oder nur privat genutzt werden darf. Er darf die Gruppe der Kopierberechtigten einschrĂ€nken, solange diese EinschrĂ€nkung nicht diskriminierend wirkt. Bei Verstoß gegen diese Bestimmungen kann er wettbewerbsrechtliche Unterlassungs- und SchadenersatzansprĂŒche geltend machen.

Diese Programme verkaufen die PD-HĂ€ndler. Dabei ist juristisch umstritten, welche Art von GeschĂ€ft sie betreiben. Die HĂ€ndler sehen die Weitergabe von Programmen gerne als Dienstvertrag. Die GebĂŒhr gilt nicht als Kaufpreis sondern als Kostendeckung fĂŒr's Kopieren und den Verwaltungsaufwand. Das hat zur Folge, daß sie nicht fĂŒr MĂ€ngel der Software haften. Andere Meinungen ordnen dieses GeschĂ€ft als Kaufvertrag ein, weshalb der HĂ€ndler fĂŒr MĂ€ngel der Software durchaus haftbar ist.

Nun zur Shareware. Hier behĂ€lt der Autor die Verwertungsrechte. Erstellt dem Anwender eine Kopie seines Programms umsonst zum Testen zur VerfĂŒgung. GefĂ€llt diesem das Programm und benutzt er es öfter, muß er sich beim Autor registrieren lassen und das geforderte Shareware-Honorar bezahlen. Im Gegenzug erhĂ€lt er vom Entwickler oft Anleitungen, Updates oder telefonische UnterstĂŒtzung. Vorteil fĂŒr den Anwender: Er kann die Software ausfĂŒhrlich testen und vermeidet das Risiko eines Fehlkaufs. Das Sharewareprinzip beruht auf Vertrauen. Der Autor vertraut dem Anwender sein Werk an - zuerst einmal ohne Gegenleistung. Leider wird dieses Vertrauen oft mißbraucht: Viele Anwender zahlen das meist geringe Registrierungshonorar nicht. Diese Zahlung ist keineswegs freiwillig, der Autor hat darauf einen Rechtsanspruch. Ein zweites Problem ergibt sich durch die Shareware-Versender: Der Kunde gewinnt den Eindruck, fĂŒr ein Programm zweimal bezahlen zu mĂŒssen. Zum ersten Mal die BearbeitungsgebĂŒhren des HĂ€ndlers zum zweiten Mal das Registrierungshonorar des Entwicklers. Juristisch ist gegen PD- und Shareware-Handel nichts einzuwenden, solange die HĂ€ndler das Urheberrecht und die vom Autor festgelegten Bestimmungen beachten. Trotzdem empfinden viele Programmierer und Anwender zu hohe Gewinnspannen als Verletzung der Spielregeln. Jedoch braucht kein Programmierer dem GeschĂ€ft mit seinem Werk zustimmen. Dem Anwender bringt der PD-Handel auch Vorteile: Er gewinnt dadurch raschen Überblick ĂŒber das Angebot und erhĂ€lt schnell das gewĂŒnschte Programm.

Überzogene Preise korrigiert der Wettbewerb auf dem Markt - falls dieser transparent ist. Hier leistet TOS einen entscheidenden Beitrag: Damit Sie PD-HĂ€ndler einschĂ€tzen können und schwarze Schafe erkennen, vergleichen wir ab Seite 36 Preise und Leistungen.

Paul Sieß