»AutoSwitch-OverScan«, eine preiswerte Mini-Grafikerweiterung

Jäger der verlorenen Pixel

Bestimmt ist Ihnen schon der dicke Rahmen aufgefallen, der alle ST-Bildschirm-Darstellungen umgibt. »AutoSwitch-OverScan« (im folgenden kurz »OverScan« genannt) ist eine kleine Hardware-Erweiterung, mit der die STs auch den Bildschirmrand zur Anzeige von Grafik und Text nutzen. Auf Monochrom-Bildschirmen bedeutet dies, daß zum Beispiel bei Textverarbeitungen oder Tabellenkalkulationen mehr Zeilen und Spalten sichtbar sind. DTP-Software zeigt größere Ausschnitte der Seite und MIDI-Sequenzer stellen mehr Takte und Spuren dar. Grundvoraussetzung: Diese Programme müssen Großbildschirmkompatibel sein, sich also an die vergrößerte Auflösung anpassen und die zusätzlichen Pixel nutzen. Spezielle Software, die höhere Auflösungen in Farbe zu nutzen weiß, ist hingegen dünn gesät.

Die OverScan-Erweiterung besteht aus einer kleinen Platine mit zwei programmierten Logik-Bausteinen (Bild 1), einem zehnpoligen Verbindungskabel, einer Diskette mit der Treibersoftware und Beispielprogrammen sowie einem Handbuch. Letzteres erklärt u. a. anschaulich bebildert den Einbau in die verschiedenen ST-Typen, wobei auch die unterschiedlichen Platinen-Versionen (gerade beim 1040 ST) Beachtung finden. Bei meinem Mega ST4 muß ich z. B. drei Leiterbahnen der ST-Hauptplatine durchtrennen, einen IC-Pin abkneifen, ein neues Kabel verlegen sowie die zehn Adern des mitgelieferten Verbindungskabels an bestimmte Stellen im ST löten. Die zierliche OverScan-Platine klebe ich in eine Lichtung im IC-Wald der Mega-Platine und stecke daran das obengenannte zehnadrige Kabel an - fertig.

Bild 1. Das Overscan-Modul

Der ST verhält sich nun zunächst wie vor dem Umbau, was eine nahezu 100prozentige Software-Kompatibilität bedeutet, solange sich die Erweiterung im Ruhezustand befindet. Erst das Starten der Treibersoftware aus dem Auto-Ordner der Diskette oder Festplatte aktiviert die OverScan-Elektronik. Unmittelbar nach dem Einbau empfiehlt sich die optimale Installation des Treibers auf den verwendeten Monitor. Breite, Höhe und Position der OverScan-Bilddarstellung bestimmen Sie interaktiv per Tastatur in 16-Pixel-Schritten. Ein Viereck zeigt dabei die gerade aktuellen Bildschirmgrenzen und etwaige Verzerrungen an. In der Tabelle sehen Sie die laut Handbuch erreichbaren Auflösungen für einige Monitore.

Die Farbdarstellung auf einem Commodore 1081-Monitor (Vorgänger des 1084) ließ im Test keine Wünsche offen. Selbst bei einer Auflösung von 816 x 280 Punkten blieb das Bild verzerrungsfrei bis in die Ecken der Bildröhre, der Bildrahmen war nicht mehr zu sehen. Ein hervorragendes Ergebnis, zumal es sich hierbei um eine Vergrößerung der Standard-Auflösung (640 x 200 Pixel) um stattliche 78,5 Prozent handelt.

Mein SM 124-Monochrom-Monitor verhielt sich nicht ganz so kooperativ. Bei der Maximal-Auflösung (704 x 480 statt 640 x 400 Punkte) erschienen die obersten zwei, drei Pixelzeilen etwas gestaucht und damit heller, die untersten 30 bis 40 Punktzeilen dafür gar nicht - denn etwa ab der 448. Zeile ist die Bildröhre zu Ende. Kein Problem, dachte ich und stellte die »Vertical Size« und »Vertical Position«-Trimmer (Bildhöhe/vertikale Bildposition) im Monitor so ein, daß alle 480 Zeilen zu sehen waren. Tun Sie's lieber nicht. Nach zwei Stunden segnete eine Diode im SM 124 das Zeitliche, ein leises Pfeifen und ein schwarzer Bildschirm waren die Folge. Möglich, daß das bei einem von 10000 Geräten passiert, aber ich warne trotzdem vor einem Nach regeln des SM 124. Besser, Sie reduzieren die vertikale Auflösung.

Bild 2. Gegenüberstellung: Calamus normal (oben) und mit Overscan (unten; 704x480 Punkte)

Auflösung und Bildposition sind nach dem Speichern fest im Treiberprogramm verankert und werden bei jedem Computer-Neustart verwendet. Neben dem Treiber residiert noch eine zweite Datei im Auto-Ordner, genannt »Over-Scan.INF«. Darin ist unter anderem im Klartext festgehalten, ob die Farbdarstellung mit 50 oder 60 Hertz erfolgen soll, ob Sie die neue OverScan-Hardcopy-Routine verwenden wollen, welche Programme sich mit der Treibersoftware von OverScan vertragen und welche nicht.

Da die normale Hardcopy-Routine nur 640 x 400 Punkte zu Papier bringt, sind Zusatzprogramme zum Speichern des Bildschirminhalts und zur Ausgabe dieser Dateien auf 9- und 24-Nadel-Druckern im Lieferumfang enthalten.

Die Liste der Programme, die mit höheren Grafikauflösungen zurechtkommen, läßt schon eine Besonderheit dieser Erweiterung erahnen: Mit Hilfe der Einträge in dieser Liste überwacht die Treibersoftware ständig das Starten von Programmen. Sie schaltet augenblicklich auf die Standard-Auflösung zurück, wenn Sie ein Programm aufrufen, das laut .INF-Datei nicht mit OverScan zusammen-arbeitet.Die Verbesserung der monochromen Grafikauflösung von 640 x 400 auf beispielsweise 704 x 480 Pixel entspricht zwar nur einem Gewinn von 32 Prozent, macht sich jedoch beim Arbeiten angenehm bemerkbar. Bild 2 zeigt den kleinen, aber feinen Unterschied.

AutoSwitch-OverScan ist jedem zu empfehlen, der auf rahmenlose Farbgrafik-Darstellung ohne Software-Akrobatik Wert legt oder dem im Monochrom-Betrieb die entscheidenden Pixel fehlen. Mit Speicher-strotzenden Grafikkarten und dazu passenden Multisync-Monitoren kann und will diese Hardware-Erweiterung nicht konkurrieren.

OverScan GbR Isakovic/Hartmann/Jerchel, Säntisstr. 166, 1000 Berlin 48

Auflösung: Niedrig Mittel Hoch
Monitor 50 Hertz 60 Hertz 50 Hertz 60 Hertz 70 Hertz
Atari SM 124 (mind.) - - - - 672x480
Atari SM 124 (max.) - - - - 704x480
Atari SC 1224 384x280 384x 240 752x280 752x240 -
Fernseher 384x264 384x232 768x264 768x232 -
TVM MG11 400x280 400x240 816x280 816x240 752x480
NEC Multisync GS 400x280 400x240 816x280 816x240 752x480
NEC Multisync II 400x280 400x240 816x280 816x240 720x480
NEC Multisync 3D 400x280 400x240 816x280 816x240 736x480
Commodore 1081/1084 400x280 400x232 816x280 816x232 -

WERTUNG

Name: AutoSwitch-OverScan
Preis: 120 Mark
Hersteller: OverScan GbR

Stärken: Kompakter Aufbau □ komfortable Installation □ automatische Aktivierung/Deaktivierung □ randlose Farbgrafiken

Schwächen: Problematische Zusammenarbeit mit dem SM 124-Monitor

Fazit: Preiswerte Hardware-Erweiterung zur Verbesserung der ST-Grafikauflösung und zum Ausblenden des Bildrahmens bei Farbgrafiken


Toni Schwaiger
Aus: TOS 10 / 1990, Seite 34

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