Einsteigersequenzer von Steinberg und Soft Arts im Vergleich

Gehören auch Sie zu den Menschen, die gerne einmal in ihrer Freizeit etwas Musik machen würden, die nur einmal in die große Welt der MIDI-Musik hineinschnuppern mochten, ohne allerdings gleich Unsummen in den Kauf eines Software-Sequenzers zu investieren? Dann sollten Sie sich in jedem Fall den folgenden Vergleichstest zu Gemütte führen, denn unsere beiden Testkandidaten haben für unter 200 Mark eine ganze Menge zu bieten.

»Everything is light« heißt die aktuelle Marketing-Strategie, die uns Produkte schmackhaft machen soll, die in der einen oder anderen Weise »weniger« enthalten als das Original. Der unschlagbare Vorteil dieser »Lights« besteht nun meistens darin, daß sie aufgrund der vorgenommenen Reduktion gesünder oder billiger sind als ihre Vorbilder. »Cubase Lite« heißt das neueste Kind dieses Trends und präsentiert sich für 199 Mark als ideale, ballastarme Einsteigerkost für den MIDI-Neuling.

Die Hauptseiten von Cubase Lite...

So enthält Cubase Lite denn auch nichts, was den unerfahrenen Einsteiger unnütz belasten könnte. Auf zwölf Spuren nehmen Sie Ihre künftigen Hits in dem von Cubase her bekannten Arrange-Window auf und arrangieren sie mit Hilfe der Maus und der »Toolbox«. Dieser Werkzeugkasten erscheint an der Position des Mauszeigers, wenn Sie innerhalb der Pattern-Anzeige die rechte Maustaste betätigen.

Die rhythmische Korrektur Ihrer Musik nimmt Cubase Lite übrigens vollautomatisch bereits während der Aufnahme vor, wobei Sie allerdings bestimmen, mit welcher Genauigkeit dies geschieht. Die Lite-Version gestattet Quantisierungswerte von einer ganzen Note bis hin zur 64tel Triole, eine für den angestrebten Anwenderkreis sicherlich mehr als ausreichende Spannweite, zumal sich Parts jederzeit mit einem anderen Wert erneut quantisieren lassen.

Um Ihre Musik auch »en detail« zu editieren, bietet unser Proband eine traditionelle Notendarstellung. Im dafür zuständigen »Score-Editor« lassen sich sowohl einzelne Noten und Takte korrigieren als auch komplette Arrangements für den Ausdruck vorbereiten. Natürlich darf man angesichts des günstigen Preises von Cubase Lite keine Wunderdinge in punkto Notendruck erwarten, für einen einfachen Chor- oder Klaviersatz eignet sich der Score-Editor aber allemal. Vorausgesetzt natürlich, daß man Willens ist, Sonderzeichen wie Dynamikbezeichnungen etc. anschließend mit dem guten alten Bleistift manuell nachzutragen.

Cubase Lite gestattet den einfachen Ausdruck Ihrer Musik

Mit der Außenwelt läßt sich Cubase Lite per zuschaltbarer »MIDI Clock« synchronisieren, eine Unterstützung der hauseigenen Hardware wie z.B. des »MIDEX(+>« ist nicht vorgesehen, angesichts der Zielgruppe aber auch sicher nicht notwendig.

Dies gestattet allerdings unser zweiter Kandidat »LIVE Basic« aus dem Hause Soft Arts, der ebenso wie Cubase Lite unter Steinbergs MIDltasking-System M-ROS operiert. Auch das mit einem Diskettenkopierschutz versehene LIVE Basic bietet eine im Vergleich zum Ursprungsprogramm reduzierte Funktionsfülle. So stehen Ihnen hier 16 anstatt 32 Spuren zur Verfügung, weiterhin ein Key- und ein Drum-Editor. Auf die Style- und Keytrack-Page sowie den MIDI-Mixer müssen künftige Basic-Adepten verzichten. Dafür sind die vorhandenen Editoren aber nicht in ihrem Funktionsumfang beschnitten.

Wie unsere Abbildungen zeigen, ähneln sich beide Programme im Aufbau stark, sowohl was die Organisation und Darstellung als auch was die Arbeit mit dem musikalischen Material angeht. Im Gegensatz zu Cubase Lite besitzt LIVE aber keine Toolbox für das Kopieren, Kleben und Schneiden etc. von Parts. Diese Operationen nehmen Sie in LIVE mit den beiden Maustasten vor. Außerdem bietet LIVE eine der Arrange-Page übergeordnete Song-Page, die es gestattet, mehrere Songs zu einer »Performance« zu kombinieren. Während Sie Cubase Lite überwiegend über die GEM-Menüleiste bedienen, verzichtet LIVE Basic auf dieses Utensil. Die hierarchisch angeordneten Pages erreichen Sie hier über die Funktionstasten oder eine kleine Iconleiste. Der Dialog mit dem Programm erfolgt über fest positionierte Displays.

MIDI-Daten auf der Piano-Walze: der Key-Editor in LIVE

Wer für wen?

Und wer geht nun als Gewinner aus unserem Kurz-Vergleichstest hervor? Unsere klare Antwort: Kommt ganz darauf an! Unter dem Aspekt der Funktionsfülle gesehen, hat LIVE Basic deutlich die Nase vorn. Für knapp 200 Mark erhält man ein Aufnahmewerkzeug, das auch den anspruchsvolleren Musiker nicht so schnell im Stich läßt. Mit dieser Vielfalt an Bearbeitungsfunktionen ist natürlich andererseits eine längere Einarbeitungszeit verbunden. Hier liegt die Stärke von Cubase Lite. Durch die im Vergleich zum Original stark vereinfachte Bedienung ist es sogar dem blutigen Anfänger möglich, sozusagen aus dem Stand mit dem Sequenzer umzugehen. In Cubase Lite gibt es nichts, was den Blick auf das Wesentliche, nämlich die Musik, trüben könnte.

So ist denn Cubase Lite die erste Wahl für all diejenigen, die schnell und unkompliziert am Feierabend oder in der knappen Freizeit ohne Schnörkel mit ihrem Computer musizieren möchten. Auch für Schulen eignet sich die Lite-Version aufgrund der schnell zu erlernenden Bedienung, des integrierten Notendrucks sowie des fehlenden Kopierschutzes hervorragend. Das soll natürlich nicht etwa heißen, daß LIVE Basic kompliziert zu handhaben wäre, im Gegenteil. Doch ist der Anwender hier mehr gefordert, sich mit der Problematik MIDI auseinanderzusetzen. LIVE Basic ist daher ein ideales Programm für den ambitionierten MlDIisten, der sich eine intensivere Beschäftigung mit der Computermusik vorgenommen hat und auch die Anschaffung eines größeren Geräteparks nicht ausschließt. Wer irgendwann einmal aus den Basic-Kinderschuhen herausgewachsen sein sollte, kann übrigens problemlos zum großen LIVE-Sequenzer upgraden.

Und wie hält es nun abschließend der Tester mit MIDI-Light? Nicht immer, aber immer öfter. (wk)

Steinberg. Eiffestr. 596, 2000 Hamburg 26

Soft Arts, Postfach 127762, 1000 Berlin 12


Kai Schwirzke
Aus: TOS 06 / 1992, Seite 106

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