Prozessortransplantation: Beschleunigerboard PAK-68/2

Die PAK-68/2 findet ihren Platz im ST an Stelle des MC68000-Prozessors

Der Austausch des Prozessors gegen ein Beschleunigerboard mit MC 68020 und Coprozessor ist eine wirkungsvolle Möglichkeit, den ST auf Touren zu bringen. Mit der PAK-68/ 2 hält sich diese Transplantation sogar in einem finanziell vertretbaren Rahmen.

Selbst mit Software-Beschleunigern ä la »NVDI« reicht die Rechengeschwindigkeit eines »normalen« ST bei komplexen Anwendungen, etwa im CAD-, DTP- oder EBV-Bereich, manchmal nicht aus. Hier bieten sich folgende Abhilfen an: Entweder der Aufstieg zum Atari TT, der mit einem MC 68030 als Prozessor arbeitet, oder aber der Einbau eines Beschleunigerboards.

Bei diesen Beschleunigern bietet der Markt bis hin zu Erweiterungen mit 68030-Prozessor einiges, doch sind derartige Exemplare der Extraklasse auch meist mit sehr hohen Kosten verbunden. Mitunter kommt der Aufstieg zum TT finanziell sogar günstiger.

Bereits im Sommer 1987 machte die Zeitschrift c't mit dem PAK-68-Projekt auf sich aufmerksam. Die PAK-68 ersetzte den MC 68000 von ST-, Amiga- und Macintosh-Computern durch einen MC 68020. Doch gerade beim Duo ST/ PAK-68 traten diverse Probleme auf, die eine Überarbeitung des gesamten Projekts nötig machten. Den Vertrieb der neuen »PAK-68/ 2« übernahm unter anderem die Firma MW electronic, die uns freundlicherweise ein Exemplar zum Test überließ.

Die Hardware

Die PAK ist komplett in diskreter Bauweise ausgeführt, verzichtet also völlig auf die aufwendigere und damit teuere SMD-Technik. Auf der Platine finden die mit 16 MHz getaktete MC 68020-CPU, ein mathematischer Coprozessor (FPU), vier GALs, ein TTL-Logikbaustein und vier EPROMs für das Betriebssystem ihren Platz. Da die PAK für den Einsatz in unterschiedlichen Computern konzipiert wurde, finden Sie natürlich auch viele Jumper zum Konfigurieren.

Wohl aus Kostengründen verzichteten die Entwickler der PAK auf schnelles, aber teueres Cache-RAM auf der Erweiterung, so daß man mit dem kleinen Cachespeicher im MC 68020 vorlieb nehmen muß. Unser Testexemplar war mit einer MC 68882-FPU bestückt, die unabhängig von der CPU mit 20-MHz-Takt betrieben wurde.

Der Einbau

Nach dem Zerlegen des Rechners (wir setzten die PAK in einem schon etwas in die Jahre gekommenen 520 ST ein) ist als erstes, sofern nicht schon bei früheren Erweiterungen geschehen, der MC 68000 auszulöten und durch einen Sockel zu ersetzen. Dies ist nötig, da der ST nicht gleichzeitig mit zwei CPUs arbeiten kann. Dabei kneift man am besten die Beinchen des Prozessors mit einem Seitenschneider ab und lötet anschließend die Pinreste aus. Vom Versuch, den MC 68000 als Ganzes mit Lötkolben und Lötpumpe auszubauen und so zu retten, ist abzuraten, da der Chip diese Behandlung meist nicht ohne Schaden übersteht. Außerdem steht der Aufwand in keinem Verhältnis zu den acht Mark, die ein MC 68000 neu kostet.

Nach diesem Arbeitsgang sind die nun freien Lötaugen zu säubern und der Sockel einzulöten. In den freien Sockel steckt man dann die PAK. Bei der gesamten Umrüstung erweist sich der Ausbau des Prozessors als die schwierigste Aufgabe. Wer aber über etwas Löterfahrung verfügt, sollte durchaus in der Lage sein, diese Arbeiten selbst durchzuführen. Trauen Sie sich den Prozessoraustausch nicht selbst zu, dann bleibt Ihnen der Gang zur Fachwerkstatt nicht erspart. Allerdings fallen dann natürlich Zusatzkosten an.

Im Einsatz

Bei unseren Tests setzten wir als Betriebssystem TOS 2.06 ein, das seinen Platz in vier EPROMs direkt auf der PAK fand. Dies bietet den Vorteil, daß der Prozessor in der vollen 32-Bit-Datenbreite auf das Betriebssystem zugreift, was eine weitere Geschwindigkeitssteigerung mit sich bringt. Theoretisch kann man auch sein altes TOS 2.06 weiterverwenden. Dies teilt man der PAK durch das Setzen eines Jumpers mit. Sollten Sie in Ihrem ST noch ein TOS bis einschließlich Version 1.04 verwenden, dann kommen Sie um den Kauf der Version 2.06 nicht herum, denn die alten Versionen arbeiten nicht mit dem MC 68020. Erst ab TOS 1.06 wurde diese Inkompatibilität durch Atari behoben. Lobend ist hervorzuheben, daß beim Entwurf der PAK bereits größere Betriebssysteme berücksichtigt wurden. So stellt eine Nachrüstung des MultiTOS, sofern es denn erhältlich ist, kein Problem dar.

Anwendungen kamen mit dem Beschleunigerboard klaglos zurecht, nur ging eben alles bedeutend schneller. Größere Inkompatibilitäten konnten wir nicht feststellen. Die genauen Werte der Geschwindigkeitssteigerung entnehmen Sie bitte der Tabelle 2.

Auch der Vergleich mit anderen Computern ist nicht uninteressant: In Tabelle 1 mußten ein Mega STE und die PAK-68/2 beweisen, welche Leistung sie im direkten Vergleich zu gängigen Systemen bringen. Dabei ist zu bemerken, daß die SUN mit einem schnellen RISC-Prozessor und einem Wei-tek-Coprozessor bei 40 MHz Takt arbeitet. Der Noname 486 verfügte über keine FPU und wurde mit 33 MHz getaktet. Bis auf die HP-Vektra und den Mega STE waren alle sonstigen Testgeräte mit folgenden mathematischen Coprozessoren ausgestattet: Noname 386 mit 80387/33 MHz, Epson mit 80287/16 MHz, Acer 80287/12 MHz und Olivetti 8087/10 MHz. Die Leistungssteigerung der PAK gegenüber dem Mega STE spricht für sich und im Systemvergleich behauptet sich die PAK ebenfalls sehr ordentlich.

MW electronic bietet die PAK in verschiedenen Ausbaustufen an. So kostet der Komplettbausatz mit einem gebrauchten und geprüften MC 68020-16 und TOS 2.06 459 Mark, die fertig aufgebaute PAK mit MC 68020-16 und TOS 2.06 569 Mark. Das TOS 2.06 für die PAK-68/2 mit einer Diskette, die verschiedene Hilfsprogramme enthält, ist auf vier EPROMs mit 120 ns Zugriffszeit für 130 Mark erhältlich. Alle, die auf den mathematischen Coprozessor nicht verzichten können, müssen für einen gebrauchten und geprüften MC 68882 in der 16-MHz-Version weitere 180 Mark und in der 33-MHz-Version 240 Mark investieren. Ferner benötigen die Besitzer eines 1040 STE noch eine Adapterfassung von PLCC auf DIL, um die PAK in ihren Rechner ein bauen zu können. Dieser schlägt mit 79 Mark zu Buche.

Fazit

Bereits nach kurzer Zeit hat man sich an die höhere Geschwindigkeit und bessere Performance des ST mit einer PAK-68/2 gewöhnt und man möchte nicht mehr auf dieses Mehr an Rechenleistung verzichten. Da auch im Dauerbetrieb keine gravierenden Inkompatibilitäten festgestellt werden konnten, ist die PAK allen zu empfehlen, die mit der Leistung ihres ST nicht mehr zufrieden sind, aber die Investition in einen neuen TT nicht tätigen wollen. Mit einem Preis von 749 Mark inklusive TOS 2.06 und 16-MHz-FPU stellt die PAK-68/2 die zur Zeit wohl günstigste Möglichkeit dar, seinem ST ein 68020-Her(t)z zu implantieren.

MW electronic, Heisterbacherstr. 127 5330 Kon gswinter 1

WERTUNG

Name: PAK-68/2
Prozessor: MC 68020
Takt: 16 MHz
Betriebssystem: TOS 2.06
Erweiterungen: FPU, Takt-unabhängig von CPU bis 33 MHz
Komplettpreis: 569 Mark
Hersteller: c't-Projekt

Stärken: Preisgünstig □ FPU-Takt unabhängig vom CPU-Takt □ arbeitet zuverlässig □ nach Wechsel der GALs auch für Mac und Amiga geeignet
Schwächen: keine Einbauanleitung, sondern lediglich der Verweis auf die Zeitschrift c't □ kein Cache-RAM

Fazit: Die PAK-68/2 bietet für wenig Geld ein nicht zu übersehendes Mehr an Rechenleistung für den ST

Geschwindigkeitsvergleich

Rechner Integer Float Sinus Power Mixed
SUN 0,9 0,9 0,3 1.4 1,8
Noname 486 9.7 6,9 2,2 10,1 16,3
Noname 386 3,0 7,8 1.4 3,5 6,7
Epson 286 8,8 41,3 6,3 15,4 30,8
Acer 286 11,9 50,7 15,2 16,6 38,6
Olivetti M24 41,6 71,6 30,2 29,1 65,6
HP-Vfektra 6,4 353,0 55,9 103,0 251,0
Mega STE 10,0 226,0 140,0 110,0 316,0
PAK-68/2 4.0 10,0 2,0 4.0 8,0

Tabelle 1. Die Performance verschiedener Rechner, getestet mit Benchmark C (\Nerte in Sekunden)

Quickindex 2.1

Rechner Atari ST Atari TT Mega STE PAK-68/2
Taktfrequenz 8 MHz 32 MHz 16 MHz 16 MHz
Betriebssystem TOS 1.04 T0S 3.1 T0S 2.06 T0S 2.06
CPU memory 100 % 719 % (FastRAM) 160 % 235 %
CPU register 100 % 827 % 199 % 406 %
CPU divide 100 % 1024 % 198 % 504 %
CPU shifts 100 % 3534 % 202 % 1737 %
BIOS text 100% 226 % 456 % 367 %
BIOS string 100 % 218% 1742 % 2406 %
BIOS scroll 100% 298 % 136 % 146 %
GEM draw 100 % 257 % 438 % 463 %

Tabelle 2. Die PAK im Vergleich mit ST, Mega STE und TT


Ulrich Hofner
Aus: TOS 02 / 1993, Seite 36

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