← Atari Inside SH / 1994

Interview mit Heyer & Neumann (Multiboard)

Aktuelles

Seit der ersten proTOS in Ulm geistert etwas Neues unter der Bezeichnung MULTIBOARD durch die Atari Gemeinschaft. Die Aachener Firma H&N fĂŒhrte auf ihrem Stand einen Prototypen einer neuen Hardwareerweiterung vor, die es in sich hat. Was genau ein Multiboard ist, blieb jedoch bislang ziemlich im Dunkeln. So war die Rede von Speichererweiterung ĂŒber die magischen 4MB hinaus. Andere wollten eine Grafikkarte oder sogar einen Beschleuniger gesehen haben. Atari Inside gelang es nun noch vor der zweiten proTOS Messe in Hennef konkrete Informationen des Herstellers zu erlangen:

AI: Was hat es mit diesem Multiboard auf sich?

H&N: Das Multiboard vereinigt so ziemlich alle WĂŒnsche, die ein engagierter ernsthafter Anwender an seinen Atari stellt. Das Projekt Multiboard realisiert all die kleinen und großen WĂŒnsche, die wir tĂ€glich im GesprĂ€ch mit Atari Anwendern vorgetragen bekommen. Als MarktfĂŒhrer im Bereich der 68000-Beschleunigerkarten hören wir tĂ€glich von Problemen, die durch die InkompatibilitĂ€t verschiedener Erweiterungen entstehen. Da gib es Speicherkarten, die nicht mit Beschleunigerkarten arbeiten oder Grafikkarten, die sich nicht mit Ramerweiterungen vertragen. Die Ursache vielen Ärgers lĂ€sst sich auf einen einfachen Nenner bringen: Alle Erweiterungen mĂŒssen zueinander kompatibel gestaltet werden. Leider ist dies aus verschiedenen GrĂŒnden kaum zu realisieren. HĂ€ufig scheitert man schon an rein mechanischen Problemen. Viele Hardwarehersteller gehen mit den begrenzten Ressourcen Platz und Stromaufnahme leider nach dem Motto um "wer zuerst da war, der mahlt zuerst."

AI: Welche Verbesserung stellt den das Multiboard dar?

H&N: Irgendwer fragte einmal "warum kann das denn nicht alles auf einer einzigen Karte sein?" Tja warum eigentlich nicht? Die Idee zum Multiboard war geboren. Wir steckten uns das folgende Pflichtenheft:

  • TOS 2.06 umschaltbar und kompatibel zu 36MHz Beschleunigern ohne irgendwelche Patches
  • IDE Festplattenanschluss Falcon kompatibel, damit preiswerte Festplatten angeschlossen werden können
  • VGA Grafikkartensteckplatz, damit die qualitativ hochwertigen ET4000 Grafikkarten endlich auch auf 1040ST Computern eingesetzt werden können
  • SIM-Modul SteckplĂ€tze, damit der Speicher ohne Löten mit preiswerten PC-SIM-Modulen erweitert werden kann

AI: Das hört sich sehr vielversprechend an. Wo ist dabei der Haken?

H&N: Nun; vielleicht wird der eine oder andere es als Ă€rgerlich ansehen, dass dies alles nicht mehr in das original GehĂ€use passt. Wir empfehlen jedenfalls jedem Multiboard Interessenten, gleich den dazu passenden Tower zu ordern. Sicher, so ein Tower benötigt mehr Platz, aber nur in einem Tower steht genĂŒgend Strom und Raum zur VerfĂŒgung, damit die verschiedenen Componenten des Multiboards sauber und sachgerecht eingebaut werden können.

AI: Wie sÀhe ein maximaler Ausbau aus? Zum Beispiel mit einem normalen 1040ST?

H&N: Das STRAM könnte mit einer IMEX II auf 3 oder sogar 4 MB erweitert werden. Durch das Multiboard könnte man TOS 2.06 umschaltbar nachrĂŒsten. ZusĂ€tzlich wĂ€ren weitere 2 oder wahlweise 8 MB "fT-RAM" möglich. Insgesamt hĂ€tte man damit dann bis zu 12MB Arbeitsspeicher, der ohne irgendwelche Treiber oder Switcher fĂŒr Programme und Betriebssysteme zur VerfĂŒgung steht. ZusĂ€tzlich könnte man eine ET4000 VGA Karte einstecken, der man dann mit dem bekannten NVDI-ET4000 der Firma Behne & Behne Auflösungen entlocken kann, von denen ein Falcon nur trĂ€umt. Üblich wĂ€re zum Beispiel 1024x768 pixel in 256 Farben und mit 75Hz natĂŒrlich non interlaced. Je nach VGA-Karte können auch 640x480 in 16.7Mio. Farben dargestellt werden. Und last not least wĂ€re ja auch noch der IDE-Anschluss, an den man ohne zusĂ€tzliches Interface zum Beispiel eine 54OMB Conner oder Quantum HD anschließen kann.

AI: Wird ein normaler 68000 Prozessor durch soviel Speicher und eine so hohe Grafikauflösung nicht extrem ausgebremst?

H&N: NatĂŒrlich nicht, das PhĂ€nomen, dass mit steigender Bildschirmauflösung (also mehr Farben, mehr Pixel, höhere Bildwiederholfrequenz) der Computer immer langsamer wird, gibt es nur beim Falcon. Der Grafikspeicher einer ET4000 VGA Karte befindet sich auf der VGA Karte selbst. Folglich kann die Videologik der Grafikkarte auf diesen Speicher zugreifen, ohne den eigentlichen fĂŒr die Geschwindigkeit des Computers wesentlichen Systembus zu benutzen.

AI: Und wie sieht es mit der KompatibilitÀt aus?

H&N: Nun; das TOS 2.06 lĂ€sst sich zurĂŒck schalten, so dass das alte TOS weiterhin uneingeschrĂ€nkt zur VerfĂŒgung steht. FĂŒr die VGA-Karte haben wir kein eigenes VDI gebastelt, sondern von Anfang an darauf geachtet, kompatibel zum verbreiteten NVDI ET4000 der Behnes zu bleiben. Warum sollten wir das Rad neu erfinden? Zur KompatibilitĂ€t des Behne VDI muss wohl nichts gesagt werden. Es gibt wohl kaum einen Atari, auf dem nicht sowieso ein Behne NVDI installiert ist. Der zusĂ€tzliche Speicher wird als Alternativ-Ram verwendet. Eine bekanntere Bezeichnung dafĂŒr ist auch FASTRAM oder TT-RAM. Software, die auf TTs mit dem zusĂ€tzlichen Speicher arbeiten kann hat auch auf dem Multiboard keine Probleme. Ab TOS 2.06 verwaltet das Betriebssystem den zusĂ€tzlichen Speicher klaglos.

AI: Und die Gretchen-Frage: Was davon funktioniert noch wenn ein Hardwarebeschleuniger eingebaut wird?

H&N: Hardwarebeschleunigung war doch der Auslöser fĂŒr die Entwicklung des Multiboards. Das Multiboard ist 100% HBS640T36 kompatibel! Das geht sogar soweit, dass die STE-Serie von Atari, also die 1040STE Computer und die Mega STE Computer nur dann in den Genuß eines Multiboards kommen, wenn vorher ein HBS640T36STE eingebaut wurde. Das Multiboard kann dann einfach auf den Beschleuniger gesteckt werden.

Das GesprĂ€ch fĂŒhrte die Redaktion der "ATARI-Inside" am 14. November 1994. Wir freuen uns auf die Premiere am 26. November auf der "proTOS".