DigiTape: Knaller

Mit dem Falcon drängen erstmals preiswerte Softwarelösungen auf den Markt. Wie leistungsstark dabei selbst Low-cost-Modelle sind, zeigt der 8-Spur-Recorder »DigiTape«.

Der Falcon wird zum digitalen »8-Spur-Tonband«

Desktop Publishing hat alle Print-Medien fest im Griff. Ähnlich spektakulär wird bald das Desktop Sound Processing (DSP) die Audiotechnik revolutionieren. Analoge Tonbandgeräte, Schreibmaschinen und Satzsysteme haben einen Platz im Museum sicher.

Mit einem hervorragenden Preis-Leistungsverhältnis startet DigiTape den ersten Angriff auf den Audio-Heimbereich. Etablierte Firmen wie Teac und Fostex, die mit Pocket-Studios und kleinen Mehrspurgeräten jahrzehntelang dicke Gewinne erzielten, bangen plötzlich um Marktanteile. Dabei übertrifft das Softwarepaket nicht nur im Preis vergleichbare Analog-Tonbandgeräte, vor allem das kreative Moment und die vielfältigen Bearbeitungsmöglichkeiten machen digitale Soundaufnahmen so attraktiv. Während eine konventionelle Mehrspur-Anlage durch die Anschaffung von Zusatzgeräten für den Anwender teuer wird, kommt DigiTape als komplettes, integriertes Aufnahmesystem.

DigiTape ist modular aufgebaut. Zuerst wird auf der Festplatte ein virtuelles Tonband erzeugt, entscheidend ist die Länge einer Aufnahme und die gewünschte Qualität. Ideale Tonträger sind dabei Wechselplatten, die mittlerweile entsprechend schnell arbeiten und auf einer Cartridge rund 88 MByte Daten speichern können. Acht fest eingestellte Sampleraten - dieser Parameter ist in etwa zu vergleichen mit der Bandgeschwindigkeit der analogen Aufnahmetechnik - stehen zur Wahl. Je höher die Samplingrate, desto besser werden die Aufnahmen. Leider verbrauchen hohe Sampleraten aber auch mehr Speicherplatz und Rechenpower. So stehen bei einer Samplerate von 50 kHz nur noch zwei Spuren zur Verfügung. Bei 33 kHz kann der Rechner vier Spuren verarbeiten und erst bei 25 kHz sind alle acht Tracks verfügbar.

Für Aufnahmen gibt es ein eigenes Aufnahmemischpult. Während sich alle bereits bespielten Spuren mischen und abhören lassen, können auf maximal zwei Monospuren bzw. eine Stereospur neue Daten aufgenommen werden. Alternativ dazu läßt sich das Eingangssignal auf den Ausgang legen. Dies ermöglicht quasi eine Hinterbandkontrolle. Zugleich stellt ein komfortables Doppeldisplay das Eingangssignal optisch dar. Im Gegensatz zur Analogtechnik reagieren digitale Geräte überaus empfindlich auf Über- und Untersteuerungen. Jede Übersteuerung macht in der Regel eine Aufnahme unbrauchbar - das Signal wird rettungslos zerstört. Auch Untersteuerungen haben ihre Tücken: die vertikale Auflösung wird zu gering, die Dynamik leidet. Dafür trübt aber kein Bandrauschen, kein Verlust an Brillanz und Höhen, kein Jaulen, u.ä. den Hörgenuß.

Zur Endmischung aller acht Spuren bietet DigiTape das Mixer-Modul. Hier stehen zur Klangbearbeitung vier integrierte Effektmodule zur Verfügung: Delay, Flanger, Vibrato und Verzerren Dazu verfügt jede Audiospur über vier getrennte Effektwege, die alle gleichzeitig aktiv sein können. Zur Kontrolle einzelner Tracks lassen sich mit einer - allerdings nicht programmierbaren - Mute-Funktion beliebige Spuren bzw. Effekt-Module stummschalten.

Leider haben die Designer auf eine Merge-Funktion, mit der sich softwaremäßig Spuren zusammenmischen lassen, verzichtet. Wer also durch Zwischenmischungen im Ping-Pong-Verfahren Platz für neue Spuren schaffen will, muß Ein- und Ausgang am Falcon verbinden und den Umweg über DA- und AD-Wandler in Kauf nehmen. Dabei muß man allerdings Qualitätseinbussen rechnen.

Zugegeben, DigiTape läßt noch viele Wünsche offen. So scheint den Entwicklern auch die Midi-Schnittstelle am Falcon wohl nicht weiter aufgefallen zu sein. Es hätte nicht gleich ein komfortabler Midi-Sequenzer sein müssen, aber eine einfache Midi-Standard-File-Abspielfunktion wäre schon eine enorme Bereicherung der Anlage. Hier muß dringend nachgebessert werden. Witzig, aber wenig praktisch ist das Online-Effekt-Modul. Dabei arbeitet der Falcon als simples Effektgerät - dazu ist er doch zu kostspielig. Zusätzlich bietet DigiTape einen Frequenz-Analysen Damit läßt sich das Frequenzspektrum des Eingangssignals mit einer Auflösung von einem Hz in Echtzeit darstellen. (ua)

Vertrieb: Trade It, Arheiligerweg 6, 6101 Roßdorf

WERTUNG

DigiTape

Hersteller: Trade It

Vorteile: acht Spuren, vier Effektewege, variable Samplingrate, 16 Bit Stereo A/D-D/A-Wandler, Frequenzanalyser

Nachteile: keine Midi-und Merge-Funktionen



Aus: ST-Magazin 06 / 1993, Seite 20

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