Mailboxnetze: Maschen im Netz

Wenn Mailboxen nicht nur mit den Benutzern, sondern auch untereinander Daten austauschen, vervielfacht sich der Nutzen.

Die Mehrzahl der über tausend Mailboxen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind in Netzwerken zusammengeschlossen. Vorteile: Während die einzelne Mailbox hat nur einen begrenzten Benutzerkreis anspricht, erreichen Fragen und Diskussionen in Netzen eine breite Öffentlichkeit.

Netzwerke sind eine recht neue Erscheinung in der Computerwelt. Vor gut einem Jahrzehnt begann der Amerikaner Tom Jennings das erste Amateurnetzwerk unter dem Namen »FidoNet« aufzubauen. Wissenschaftliche und militärische Netze sind nicht wesentlich älter. Neben dem weltweit verbreiteten Hobbynetzwerk Fido, gibt es seit einigen Jahren weitere, ohne Gewinnabsichten betriebene private Netze. Zu den wichtigsten zählen LightNet, MagicNet, MausNet, Seven-Net, SubNet und das Z-Netz. Das weltumspannende Usenet und das technisch aufwendige Internet gehören zwar nicht zu den Hobbynetzen, werden für private Anwender aber immer attraktiver.

Seit seiner Gründung im Jahr 1985 hat FidoNet als erstes, weltweites Hobbynetzwerk eine rasante Verbreitung erfahren. Mittlerweile gibt es weltweit mehr als 21000 Boxen. Eine Fülle von Software für die verschiedenen Rechnersysteme, macht die Installation einer Fido-Mailbox beinahe schon zum Bauklötzchen-Spiel. Jeder Betreiber, SysOp (System-Operator), kann seine Mailbox individuell gestalten. Dies führt zu einer großen Vielfalt im Netz, hat aber den Nachteil, das neue User sich schlechter zurechtfinden. Diskussionen über technische und nichttechnische Themen laufen in einer Vielzahl von »Echos« oder »Areas« ab. FidoNet bietet auch die Möglichkeit des Nachrichtenaustausches zwischen einzelnen Benutzern. Bewußt wird hier aber der sonst übliche Begriff der »persönlichen Mail« vermieden und stattdessen von »privileged Mail« gesprochen. Grund: diese Nachrichten sind nicht wirklich privat, sondern jeder FidoNet-SysOp, dessen Mailbox die Nachricht passiert, kann und darf diese lesen! Dies ist eine Besonderheit des FidoNet, die in keinem anderen Netzwerk zu finden ist. Als Benutzer sollte man sich über diese Einschränkung bewußt sein, insbesondere, da eine Verschlüsselung persönlicher Nachrichten im FidoNet verboten ist.

Davon abgesehen bietet FidoNet aber ein reichhaltiges Angebot. Regelmäßige Benutzer werden schnell »Points« und installieren sich ein spezielles Programm auf ihrem Rechner, daß den Nachrichtenaustausch mit der Mailbox beschleunigt. Die Teilnahme am FidoNet ist meistens mit Beiträgen von 10 bis 20 Mark im Monat verbunden.

Der »Verein zur Förderung der privat betriebenen Datenkommunikation e.V.« mit Sitz in Karlsruhe bietet seinen Mitgliedern für 60 bzw. 120 Mark Jahresbeitrag die Möglichkeit, am weltweiten Usenet teilzunehmen. Voraussetzung dafür ist ein Rechner, der entweder das Betriebssystem UNIX benutzt oder eine Software, die mit anderen SubNet Systemen kommunizieren kann. Während in anderen Netzen die Mailboxen - Systeme mit oftmals mehreren Hundert Benutzern - die Regel sind, trifft man im SubNet vorwiegend die »1-Mann-Sites« an. Ein einzelner Benutzer klinkt seinen privaten Rechner in das Netzwerk ein (oft nur für wenige Minuten am Tag), gibt ihm einen fantasievollen Namen und ist dann über eine »Domain« - den Zusammenschluß mehrerer Rechner in einer Region - erreichbar. Derzeit gibt es im SubNet mehr als 200 Domains mit zahlreichen Benutzern.

Öffentliche Diskussionen (News) in zahlreichen Themengebieten (Newsgroups) und persönlicher Nachrichtenaustausch (Mail) ist über das Usenet mit hunderttausenden Benutzern weltweit möglich. Die Teilnahme am Usenet über das SubNet ist wegen der überwältigenden Größe sehr interessant. Das besondere am SubNet ist, das man nicht als Benutzer einer Mailbox auftritt, sondern selbst mit dem eigenen Rechner einen Teil des Netzes bildet.

Das Z-Netz ist das älteste, bundesdeutsche Hobbynetzwerk. Ursprünglich ein Zusammenschluß von Mailboxen mit der Software »Zerberus« gibt es heutzutage eine Vielzahl von Software-Paketen für alle gängigen Rechnertypen. Derzeit sorgen gut 350 Installationen für eine flächendeckende Erreichbarkeit, auch abseits der Ballungsräume. Das Z-Netz war von vornherein ein Netzwerk für Nicht-Techniker. Politische oder ökologische Arbeit und Information für aktive Gruppen und Organisationen stehen im Vordergrund. Inzwischen gibt es aber auch im Z-Netz einen ausgewogenen Mix unter den Benutzern.

Die Teilnahme am Netz ist in der Regel kostenlos, dafür wird aber das Versenden von persönlichen Nachrichten abgerechnet. Das Eröffnen einer eigenen Mailbox ist dafür mit beträchtlichen Kosten verbunden, wenn man die Original-PC-Software benutzt.

Die einzelnen Netzwerke sind vielfach untereinander vermascht. Zumindest unter den wichtigeren, deutschsprachigen Netzwerken ist der persönliche Nachrichtenaustausch von Netz zu Netz kein Problem. Die meisten Netzwerke haben über »Gateways« auch Zugang zum weltweiten Usenet, jedoch nicht so einfach, wie es das SubNet erlaubt. thl


Michael Keukert
Aus: ST-Magazin 07 / 1993, Seite 33

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